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stufentheorie harmonik

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Stufentheorie (Harmonik)

Die Stufentheorie ist ebenso wie die Funktionstheorie ein Mittel zur beschreibenden Analyse der Harmonik eines Musikstückes.

Mit ihrer Hilfe lässt sich der harmonische Bauplan eines Stückes verallgemeinernd veranschaulichen, so dass Vergleiche zu Stücken in anderen Tonarten einfacher werden, da die Symbole in Bezug auf die jeweilige Grundtonart zu lesen sind. Zwei Stücke werden so "auf einen (allgemeinen) Nenner gebracht". Gleichzeitig stellt die Stufentheorie umgekehrt harmonische Wendungen bereit, die sich auf sämtliche Tonarten übertragen lassen.

Table of contents
1 Grundlagen
2 Verwendung

Grundlagen

Die Grundlage der Stufentheorie bildet eine beliebige Tonleiter, die das Tonmaterial der Grundtonart des Stückes bereitstellt. Dies kann z. B. eine Dur- oder Molltonleiter sein, aber auch jegliche andere (traditionelle oder neu erfundene) Skala wie Pentatonik, Kirchentonarten, Ganztonleitern etc.

Nummerierung

Dabei nennt man zunächst die einzelnen Töne (vom Grundton aufwärts betrachtet) Stufen und nummeriert diese mit römischen Zahlen.

Am Beispiel einer C-Dur-Tonleiter:

Dreiklänge für Dur-Tonleitern

Über jeder dieser Stufen lässt sich nun ein Dreiklang konstruieren, indem zwei Terzen darüber geschichtet werden. Die dazu benötigten Töne entstammen ebenfalls dem Material der Tonleiter, sie sind leitereigen.

Aufgrund der verschiedenen Abstände innerhalb der Akkorde entstehen hier drei verschiedene Arten von Dreiklängen:

1. Dur (große Terz - kleine Terz)

Stufen I, IV, V
2. Moll (kleine Terz - große Terz)
Stufen II, III, VI
3. vermindert (kleine Terz - Kleine Terz)
Stufe VII

Zum Beispiel beschreibt eine II in jeder beliebigen Dur-Tonart immer einen Molldreiklang, nämlich denjenigen Dreiklang, der mit leitereigenen Tönen über der zweiten Stufe der jeweiligen Tonleiter gebildet wird.

Dreiklänge für Moll-Tonleitern

Betrachtet man die Akkordbildung für Moll (hier c-Moll), ergibt sich folgende Verteilung:

1. Moll

Stufen I, IV, V
2. Dur
Stufen III, VI, VII
3. vermindert
Stufe II

Erweiterung der Stufensymbole

Eine Erweiterung der römischen Zahlen wird dann nötig, wenn
  1. den Dreiklängen ein vierter, fünfter, ... Ton hinzugefügt wird
  2. ein Ton des Dreiklangs durch einen anderen ersetzt wird
  3. ein anderer als der Grundton tiefster Ton (=Basston) ist
  4. ein Ton des Dreiklangs nicht leitereigen ist

zu 1.
Es ist möglich, den Ausgangsdreiklang durch Aufschichtung weiterer Terzen zu erweitern. Das Ergebnis sind Vierklänge, Fünfklänge, ... Dies wird mit (arabischen) Zahlen angezeigt, die rechts oben (wie ein Exponent) neben die römische Zahl geschrieben werden. Ihr Wert gibt das Intervall des zusätzlichen Tones in bezug auf den Grundton des Dreiklangs an: eine 7 bezeichnet die Septime, eine 9 die None usw. Da die Intervalle 1 (Grundton), 3 (Terz) und 5 (Quinte) ohnehin im Dreiklang enthalten sind, werden diese Töne nicht bezeichnet, sofern sie leitereigen sind.
In C-Dur:

zu 2.
Ebenso gekennzeichnet werden Töne, die einen Dreiklangston ersetzen sollen. Das Ergebnis sind Vorhaltsakkorde (der ersetzte Ton wird "vorenthalten", im Regelfall löst sich dieser Vorhalt aber auf, indem der dreiklangsfremde Ton in den dreiklangseigenen Ton zurückgeführt wird). Dabei gilt: 4 ersetzt 3, 6 ersetzt 5, 9 ersetzt 8 (oktavierter Grundton).
In C-Dur:

zu 3.
Beschreibt das Stufensymbol eine Umkehrung des Akkords, so wird der Basston - ebenfalls in Intervallform - unter der römischen Zahl vermerkt. Grundsätzlich kann jeder Ton zum tiefsten Ton gemacht werden, sowohl die ursprünglichen Dreiklangstöne wie Hinzugefügte oder Ersetzende (Vorhalte). Aufgrund der strengen Regeln der Satztechnik, die die Bewegung der Stimmen zwischen einzelnen Akkorden festlegt, gibt es aber große Differenzen in der Häufigkeit der so verwendeten Töne. Meist findet man hier nur die 3 und die 7, seltener die 5. Schon diese relativ naheliegenden Töne haben klare Konsequenzen für die Stimmführung.
In C-Dur:

zu 4.
Selten ist die Quinte des Dreiklangs betroffen, fast nie der Grundton, dafür die Terz umso mehr. Dies rührt daher, dass die Terz (groß oder klein) den Dreiklang in Dur oder Moll einordnen lässt. Will man zum Beispiel die V. Stufe einer Molltonleiter (ursprünglich ist dieser Dreiklang ein Moll-Dreiklang, s. o.) mit dem für diese Stufe charakteristischen Leitton versehen, um die dominantische Wirkung zu verstärken, muss die (kleine) Terz um einen Halbton erhöht werden. Dies geschieht, indem eine 3 mit Kreuz (#) rechts neben die römische Zahl gestellt wird. Da die Veränderung der Terz die häufigste dieser Art ist, wird oft die 3 weggelassen und nur ein Kreuz geschrieben. Meint man einen anderen Ton, ist dieser in jedem Fall zu bezeichnen. Dies lässt sich ebenfalls mit hinzugefügten oder ersetzenden Tönen durchführen, wenn sie nicht leitereigen sein sollen. Eine Erniedrigung des Tones wird analog mit einem b gekennzeichnet.
In c-Moll:

Verwendung

Anders als die Funktionstheorie beschreibt die Stufentheorie keine Spannungsbeziehungen zwischen Akkorden. Da sie aber wesentlich elementarer aufgebaut ist, hat sie große Vorzüge. Mit ihrer Hilfe lassen sich manche Akkorde, bei denen die Funktionstheorie an Grenzen stößt, ohne weiteres erfassen, da sie im Grunde keine Deutung des Klangs vornimmt, sondern "lediglich" die verwendeten Töne beschreibt. Besonders sinnvoll ist der Einsatz der Stufentheorie, wenn man Sequenzen kennzeichnen möchte; die Intervallbeziehungen der Akkorde untereinander lassen sich leichter erkennen und zeigen oft musikalische Zusammenhänge über größere Strecken, die bei der Verwendung von Funktionen nicht so offensichtlich wären.

Da Barockmusik und Jazz in hohem Maße auf Sequenzenbildung basieren, ist für die Beschreibung dieser Stilrichtungen die Stufentheorie wohl die Angemessenste. Dazu kommt, dass im Jazz praktisch kein Dreiklang ohne die oben erwähnten Erweiterungen benutzt wird, auch hier liefert die Stufentheorie ein hervorragendes Mittel. So ist jedem, der sich mit Jazz nur ansatzweise (praktisch und/oder theoretisch) beschäftigt, die Harmoniefolge "II-V-I" als die Wendung schlechthin wohlbekannt.

Beispiel einer Analyse

Ein einfaches Beispiel, um anhand der Stufentheorie eine Sequenz zu zeigen und gleichzeitig die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Stufen- und Funktionstheorie zu erläutern, sei ein Abschnitt aus Mozarts Zauberflöte aus dem Quintett Nr. 5:

Zunächst zu den ersten drei Takten, die als Sequenz gekennzeichnet sind:

Die jeweils ersten Akkorde jedes Taktes sind eine Terz voneinander entfernt, was aus der Folge I-VI-IV hervorgeht. Noch deutlicher ist dieser Abstand zu sehen, wenn man statt der I (unüblicherweise) VIII schreibt: jedesmal bewegt sich der Grundton um zwei Stufen nach unten, was einer Terz entspricht. Diese Folge wird sogar im vierten Takt scheinbar fortgesetzt, denn der Basston c wäre der Grundton der sequenzgerecht erscheinenden II. Dazu unten mehr.
Die Klänge auf den Takthälften (der schweren Nebenzählzeit) stehen ebenso in einem regelmäßigen Verhältnis zueinander: V-III-I (also wieder Terzen abwärts), darüberhinaus ergibt sich zwingend ein einheitlicher Abstand zum jeweils ersten Akkord eines Taktes: I-V, VI-III und IV-I sind eine aufwärts gerichtete Quinte voneinander entfernt (alternativ, nur zur Veranschaulichung: I-V, VI-X und IV-VIII; Differenz jeweils vier Stufen).
Das komplette Sequenzmodell setzt sich aus diesen Anschauungen zusammen. Es genügen die ersten drei Klänge I-V-VI. Daraus ergibt sich: Quinte aufwärts, Sekunde aufwärts. In Form einer mathematischen Reihe wäre die Beschreibung +4, +1.
Dass die Stufen V, III und I als Sextakkorde erscheinen, liegt an der schrittigen Basslinie, die sich immer um eine Sekunde nach unten bewegt. Das Ergebnis ist noch größerer Zusammenhalt sowie ein zwingendes Erscheinen des Basstones c im vierten Takt.

Wem beim Abhören des Beispiels die klangliche Nähe zu Pachelbels berühmtem Kanon aufgefallen ist, findet dies bei der Analyse desselben bestätigt: Die Akkordfolge D-A-h-fis-G-D-G-A liefert in D-Dur die Stufen I-V-VI-III-IV-I-IV-V. Obwohl das Stück in einer anderen Tonart steht, sieht man auf den ersten Blick, dass sich die ersten sechs Klänge genauso verhalten wie bei Mozart, das Sequenzmodell ist das gleiche. Unterschiede: bei Pachelbel handelt es sich immer um Dreiklänge in Grundstellung und die Kadenz am Schluss der Phrase wird anders behandelt.

Betrachtet man - zurück bei Mozart - nun für diesen Abschnitt die Funktionen, wird schnell ersichtlich, warum sich für diese Takte zur Beschreibung eher die Stufentheorie eignet: Zwar scheint am Anfang eine gewisse Regelmäßigkeit zu herrschen, dies suggeriert die elementare Folge T-D-T-D. Doch spätestens mit dem Erscheinen der Subdominante im dritten Takt ist diese Regelmäßigkeit zerstört. Desweiteren ist die Beschreibung des dritten Klanges als Dominantparallele sehr irreführend, da er in dieser Form keinen dominantischen Charakter mehr hat. Zudem wäre die Folge D-S im strengen Sinne regelwidrig aufgrund der umgekehrten Spannungsempfindung. (Trotzdem kommt diese Folge zum Beispiel in Popmusik oft vor, da diese häufig mit Plagalschlüssen arbeitet: D-S-T klingt hier sehr geläufig)

Der vierte Takt:
Ist die Sequenz der ersten drei Takte zum Ende gekommen, wird der Basston c (Grundton der II Stufe) umgedeutet zur Terz der VII Stufe bzw. zur Quinte der Dominante. Mozart verlässt hier bewusst das Sequenzmodell um eine weitere Bewegung in der gleichen Richtung abzufangen. Die sich anschließende Kadenz endet mit einem Halbschluss auf der Dominante. Dies ist nicht ungewöhnlich, da das Prinzip Spannung-Entspannung innerhalb eines achttaktigen Satzes eher die Norm ist. An diesem Punkte sind Stufen- und Funktionstheorie fast gleichwertig, wenn man davon ausgeht, dass die fünfte Stufe als spannungsreicher Klang aufgefasst wird. Hier spielt allerdings schon die Erfahrung mit hinein, dass diese Stufe die Dominante bildet, es handelt sich also eher um eine gedankliche Kombination der beiden Theorien.

Die zweite Hälfte:
In diesem Abschnitt wäre wahrscheinlich der funktionalen Beschreibung aus verschiedenen Gründen der Vorzug zu geben. Am Anfang signalisiert das lange Verweilen in der Dominante die Ausweichung in dieselbe; der Trugschluss in die Tonikaparallele als absonderliches Ereignis erscheint ebenso deutlicher als die Folge V-VI; das Erscheinen der Subdominante im siebten Takt leitet klar den zweiten "Versuch" ein, die Tonika zu etablieren, worauf sich eine vollständige Kadenz mit Ganzschluss anschließt als stereotype Folge T-S-D-T.

Man sieht, wie sich beide Theorien gut ergänzen und sowohl Vor- als auch Nachteile haben, die sich leicht mit der jeweils anderen Theorie umgehen lassen.

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