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Slavoj ?i?ek

Slavoj ?i?ek (* 21. März 1949 in Ljubljana) ist ein aus Slowenien stammender Psychoanalytiker, Philosoph und Kulturkritiker, der in seiner Heimatstadt Ljubljana und an der European Graduate School Philosophieprofessor ist, mit zahlreichen weiteren Gastprofessuren im Ausland.

Table of contents
1 Überblick
2 Das Werden des Subjekts
3 Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre
4 Postmoderne
5 Politisierung
6 Kritik
7 Siehe auch
8 Werke
9 Weblinks

Überblick

1990 war er Präsidentschaftskandidat in der Republik Slowenien. Er ist ein Interpret Jacques Lacans und schreibt über zahllose Themen wie Fundamentalismus und den bürgerlichen Toleranzbegriff, political correctness, Globalisierung, Subjektwerdung, Menschenrechte, Lenin, Mythos, Cyberspace, "Multikulti" und Alfred Hitchcock.

Das Werden des Subjekts

?i?eks Texte kreisen um Identitäten, Identitätsbildung und ihre wechselnden Beziehungen zu den sie umgebenden Geflechten aus dem Symbolischen und dem Imaginären. Mit der Erweiterung auf das Reale übernimmt er ein triadisches Modell, nämlich das der Psychoanalyse Lacans. Für die Produktion von Realität sind Angst, Begehren oder ähnliche Vorgänge im Unsichtbaren bedeutend und auch handlungsanweisend. Das Symbolische, wie etwa die soziale Ordnung, wird von Lacan auch der große Andere genannt, in dem Sinn das der große Andere die symbolische Ordnung organisiert und ausrichtet, in der er selber aber ausgeschlossen bleibt. Das Allgemeine offenbart sich im Partikularen, dem "Symptom", so wie bei Freud etwa die Versprecher das Eigentliche enthüllen.

Das Unbewusste, das strukturiert ist wie eine Sprache, richtet sich nach einem bestimmten Objekt der Begierde aus. Diese Objekte sind zufällig, sie müssen aber in einen Rahmen passen, damit wir sie begehren können. Sie haben bestimmte Eigenschaften, eine dieser Eigenschaften ist, dass das Objekt sich uns entzieht. Das Begehren, so könnte man mit Luis Buñuel formulieren, hat stets "obskure Objekte".

Dieses Objekt ist das Symptom des Menschen, es kann aber auch das Gegenteil sein "Fetisch" werden. Er schreibt über den Fetisch, der gewissermaßen das Gegenteil des Symptoms ist. Dieser strukturiert als Lebenslüge unser ganzes Leben, um es aufrechtzuerhalten. Der Fetisch ist Verkörperung einer Lüge, die es uns ermöglicht, eine unerträgliche Wahrheit auszuhalten (Slavoj ?i?ek 2000). Dieser sei das Reale (im Lacanschen Sinne) selbst - ein isoliertes Objekt, das Lacansche Objekt a, dessen faszinierende und bedeutungsvolle Präsenz das strukturale Reale, die soziale Ordnung gewährleistet. Dieses Reale ermöglicht es einen Abstand zur gewöhnlichen Realität zu gewinnen: man führt ein Objekt ein, das keinen Platz in ihr hat, nicht benennbar oder anders symbolisierbar ist, etwa die Fotocollage der Geliebten in dem Film Die Truman-Show. ?i?ek meint, dass jede symbolische Struktur ein Element enthalten muss, welches das Moment ihrer Unmöglichkeit verkörpert, um das herum sie gegliedert ist. Dieses ist gleichzeitig unmöglich und real (in seiner Wirkung). Das Symptom hingegen ist die Wiederkehr der unterdrückten Wahrheit in anderer Form.

?i?ek hat dieses Objekt a, das Hitchcock auch MacGuffin nennt, so erklärt: "MacGuffin ist eindeutig objet petit a: der Mangel, das Überbleibsel des Realen, das die symbolische Bewegung der Interpretation in Gang setzt, eine Lücke im Zentrum der symbolischen Ordnung, der bloße Anschein eines zu erklärenden, zu interpretierenden 'Geheimnisses'."; in: "Liebe dein Symptom wie dich selbst", Berlin 1991, S.58. Siehe ausführlicher hierzu den Artikel Objekt klein a.

Das Reale, das Symbolische und das Imaginäre

Das Reale

Das Reale ist hier ein recht rätselhafter Begriff und nicht mit der Realität gleichzusetzen. Unsere Realität ist symbolisch konstruiert. Das Reale ist ein nicht fiktisierbarer Kern, ein/das Trauma, das sich nicht symbolisieren, nicht in Worte, fassen lässt. Das Reale hat keine positive Existenz, es existiert nur als Ausgeschlossenes.

Nicht alles in der Realität läßt sich als Fiktion entlarven, sondern nur vieles, nicht bestimmte Punkte, die mit der sozialen Antangonie, mit Leben, Tod und Sexualität zu tun haben. Diese Punkte müssen wir aushalten, wenn wir sie symbolisieren wollen. Das Reale ist nicht irgendeine Realität hinter der Realität, sondern die Leere, die leeren Punkte, die die Realität unvollständig und inkonsistent machen. Es ist der Schirm des Phantasmas, der Schirm selbst, der unsere Realitätswahrnehmung verzerrt. Die Triade des Symbolischen/Imaginären/Realen spiegelt sich in der Einteilung in jedem einzelnen Punkt wieder: Es gibt also auch drei Modalitäten des Realen:

Die Psychonanalayse lehrt, dass das die (postmoderne) Realität eben nicht nur eine Erzählung ist, sondern der Klient muss in seiner Fiktion den harten Kern des Realen erkennen, aushalten und fiktionalisieren.

Das Symbolische

Das Symbolische eröffnet sich mit dem Erwerb der Sprache, sie ist wechselbezüglich: So ist "nur der ein König, zu dem sich die anderen als Untertanen verhalten". Gleichzeitig gibt es immer einen Abstand zum Realen, außer in der Paranoia: "nicht nur der Bettler ist verrückt, der glaubt, er ist ein König, sondern auch der König, der glaubt er ist ein König", dieser hat ja nur das symbolische Mandat eines Königs.

  • das reale Symbolische ist der auf eine sinnlose Formel reduzierte Signifikant
  • das imaginäre Symbolische als Jungsche Symbole
  • das symbolisch Symbolische, das Sprechen und die sinnvolle Sprache an sich.

Der (Bild)-schirm als Mittel der Kommunikation im Cyberspace, als ein Inter-Face weist uns auf eine symbolische Vermittlung von Kommunikation hin, auf eine Kluft zwischen dem, "der ausssagt" und der "Position des Aussagens" (des Nicknames, der E-Mail-Adresse): der Signifkant bin niemals wirklich ich, ich erfinde mich nicht selbst, sondern meine virtuelle Existenz wurde in gewissser Weise schon zu Beginn des Cyberspace miterfunden. Man es hier mit einer fundamentalen Unsicherheit zu tun hat, die sich aber nicht in postmoderne, kontigente Simulakren auflösen lassen. Auch hier, wie im sozialen Leben kreisen die symbolische Netze um Kerne des Realen. Das ist eine Antwort auf ?i?eks (vielgeübte "Verdrehung" der) Frage: Nicht "Was können wir vom Leben über den Cyberspace lernen, sondern was können wir vom Cyberspace über das Leben lernen?". Diese Vedrehungen dienen der "theoretischen Psychoanalyse": im Gegensatz zur "angewandte Psychonanalys" will sie nicht die Kunstwerke analysieren und das Bedrohliche verständlich machen, sondern einen neuen Blick auf das Gewöhliche schaffen, den Alltag verfremden und die Theorie am Gegenstand weiterentwickeln.

Die symbolische Netzwerke sind unsere (soziale) Realität.

Das Imaginäre

Das Imaginäre liegt auf der Ebene einen subjektiven Verhältnis zu sich selbst. Es ist der Blick des Anderen im Spiegelstadium, die illusionäre Verkennung, Arthur Rimbaud zitierend hielt Lacan fest: Ich ist ein Anderer. Das Imaginäre ist das Fundamental-Phantasma, das unserem psychischen Erleben nicht zugänglich ist und den phantasmatischen Schirm aufspannt, in dem man die Objekte des Begehrens findet. Auch hier kann man das Imaginäre einteilen in ein reales (das Phantasma, das den Platz des Realen einnimmt) ein imaginäres (das Bild/den Schirm selbst, der als Köder dient) und ein symbolisches Imaginäres (die Archtypen nach Jung oder New Age). Das Imaginäre läßt sich nie vollständig fassen, da ein Reden darüber sich immer schon im Symbolischen befinden muss.

Alle Ebenen hängen nach Lacan (ab dem Semminar XX) in einer Art Borromäischer Knoten zusammen, wie 3 Ringe die in einander verbunden sind: löst man einen heraus sind auch die anderen beiden nicht mehr verbunden.

Postmoderne

Insbesondere widmet sich ?i?ek der Postmoderne, die die Psychoanalyse mit neuen Fragen konfrontiert: aufgrund des Wegfalls der "patriarchalisch" strukturierten Gesellschaft und fest gefügten, autoritären Ordnungsmustern, gerät nämlich ein wichtiger Baustein der Psychoanalyse, der Ödipuskomplex ins Wanken.

Ideologie setzt sich immer aus zwei Seiten einer Medaille zusammen: aus den von einem politischen System öffentlich verkündeten Werten und der so genannten "verdeckten Kehrseite" einem schmutzigen Geheimnis, das sind die implizit mittransportierten Werte und Prämissen einer Ideologie, die aber, damit eine Ideologie funktionieren und sich reproduzieren kann, unausgesprochen bleiben müssen. All diesen ideologisch geprägten, phantasmatischen Formen des Leugnens oder Ausweichens hält Slavoj ?i?ek das Ziel der Psychoanalyse entgegen, das darin besteht, das "Phantasma zu durchqueren", das Trugbild zu durchschreiten, dessen symptomatische Formation die Beschaffenheit des Subjektes erhält, und zum Kern des Genießens vorzudringen. Ein so genannter "authenischer Akt" zerstört das Phantasma, das er dieses vom Standpunkt des gesellschaftlichen Symptoms angreift, das durch wir eine Geste zum Akt (nach Lacan). Ideologie ist die Verzerrung von Nicht-Ideologie, das utopische Moment (Frederic Jameson). Dieser nicht-ideologischer Anteil einer Sehnsucht soll vollständig respektiert werden. So soll die Sehnsucht nach Gemeinschaft nicht als protofaschistisch angesehen werden, oder gar als seine Wurzel - ideologisch wird sie erst in ihrer faschistischen Artikulation.

Heutzutage, in postideologischen Zeiten, funktioniert Ideologie aufgrund einer inneren Distanz, ohne das symbolische Mandat ernst zu nehmen: ein Vater, ist heute ein Vater, der sich selbst ironisch beklagt, über die heutige Dummheit ein Vater zu sein.

Politisierung

Im Zeitalter nach dem Ende der Ideologien kritisiert er, die Art und Weise wie politische Entscheidungen begründet werden: so wird die Kürzung von Sozialausgaben bisweilen als scheinbare objektive Notwendigkeit bezeichnet, die selber keinem politischen Diskurs mehr unterliegen kann. Er sieht all das Gerede über Bügerbeteiligung oder auf die Kultur limitierte Anliegen wenig wirksam, solange nicht langfristig bedeutende Maßnahmen getroffen werden. Maßnahmen zur Limitierung der Freiheit des Kapitals und zur Unterordnung des Produktionsprozesses unter eine soziale Kontrolle. ?i?ek nennt dies eine radikale Repolitisierung der Ökonomie (Quelle:"Ein Plädoyer für die Intoleranz").

Slavoj ?i?ek plädiert heute für eine "Politisierung der Ökonomie": "Der 'tolerante' multikulturelle Ansatz vermeidet..." als Dogma der heutigen 'liberalen' Gesellschaft "... die entscheidende Frage: wie können wir den politischen Raum wieder in die heutigen Bedingungen der Globalisierung einführen?". Er plädiert auch für eine "Politisierung der Politik", als Gegenpol zu Post-Politik. Im Bereich der politischen Entscheidungsfindung im Rahmen einer Demokratie, kritisiert er das in manchen Ländern herrschende Zwei-Parteien-System, als Politikform einer post-politischen Ära, als Erscheinung einer Wahlmmöglichkeit, die es im Grunde gar nicht gibt[1].

Politisierung ist für ihn immer dann gegeben, wenn eine partikuläre Forderung als Vertreter für das unmögliche Allgemeine zu funktionieren beginnt. ?i?ek sieht den Klassenkampf nicht als objektive Bestimmungen verortet, als gesellschaftliche Lage zum Kapital, sondern in einer radikal subjektiven: das Proletariat ist der lebendige verkörperte Widerspruch. Erst durch ein Partikulismus im politischen Kampf, kann ein Universalismus entstehen. Das Einstehen für seine Interessen wird heute oft diskreditiert (Die Arbeiter in diesem Bereich wollen ja nur ihre eigenen Interessen durchsetzen, die kämpfen ja nur für sich und nicht fürs Ganze). Das Problem ist eine politisierende Politik zu machen, in Zeiten der Post-Politik. So können partikulare Forderungen als metaphorische Verdichtung auf etwas Weiterhinausreichendes abzielen, auf eine Rekonstruktion des gesellschaftlichen Rahmens. Er sieht den politischen Konflikt zwischen einer geordneten Gesellschaftsstruktur und den ohne Platz ist, - darin, dem Teil ohne Anteil, der die Struktur zum Wanken bringt, weil er sich auch ein leeres Prinzip des Allgemeines bezieht, bzw. es verkörpert.

Gerade der Umstand, dass eine Gesellschaft nicht leicht in Klassen einzuteilen ist, dass es dafür kein einfaches Strukturmerkmal gibt, dass etwa die Mittelklasse auch vom Rechtspopulismus umkämpft ist, ist ein Anzeichen für diesen Kampf - ansonsten wäre der Klassenantagonismus vollständig symbolisiert (Ernesto Laclau) und nicht länger gleichzeitig unmöglich und auch real (unmöglich/real).

Kritik

?i?ek, der fallweise auch als "Philosophie-Entertainer" bezeichnet wird, überträgt sein Wissen der Psychoanalyse auf die Gesellschaft. Das kann als problematisch gesehen werden, da diese Theorien u.a. um prekäre Situationen (Symptom, Sinthom) gebildet sind. Veränderung wird (nach ihm) immer nur als Überschlagspunkt im Symbolischen, als ein "Akt des Durchqueren des Phantasmas gesehen", es ist somit in dieser Denkweise unmöglich über Entwicklung, Lernprozesse zu reden und auch Gesellschaftsverhältnisse und ein gesellschaftliches Handeln zu begreifen.

Siehe auch

  • Kulturkapitalismus
  • Psychoanalytische Filmtheorie

Werke

  • Slavoj ?i?ek (1991): Liebe Dein Symptom wie Dich selbst! Jacques Lacans Psychoanalyse und die Medien
  • (1992): Mehr-Genießen, Lacan in der Populärkultur, Wo Es war 1 ISBN 3-85132-037-9
  • (1992): Der Erhabenste aller Hysteriker. Psychoanalyse und die Philosophie des deutschen Idealismus
  • (1993): Grimassen des Realen. Jacques Lacan oder die Monstrosität des Aktes
  • (1995): Hegel mit Lacan
  • (1997): Die Pest der Phantasmen
  • (1998): Die Nacht der Welt. Psychoanalyse und Deutscher Idealismus
  • (1998): Das Unbehagen im Subjekt
  • (1999): Liebe Deinen Nächsten? Nein, Danke! Die Sackgasse des Sozialen in der Postmoderne
  • (2000): Das Vermögen der Fetischisten
  • (2001): Die Tücke des Subjekts

Weblinks

  • http://www.egs.edu/faculty/slavojzizek.html Slavoj ?i?ek Faculty Website European Graduate School
  • http://www.phil.uni-sb.de/projekte/imprimatur/2001/imp010704.html Slavoj ?i?ek: Die Tücke des Subjekts
  • http://www.suhrkamp.de/buecher/sv12001/zizek.htm
  • http://www.book-e-view.de/Home/Archiv/Zizek/body_zizek.html
  • http://members.chello.at/michael.turinsky/Das%20Reale%20des%20Antagonismus.htm
  • http://eserver.org/bs/59/zizek.html


Beurteilung:

Exzellenter Artikel

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