Sekte
Eine Sekte (v. lat: sequi = folgen; PPP sectum; Folge, Richtung, Denkweise, Partei, Schule) bezeichnet eine religiöse Gruppierung, die im Widerstreit mit ihrer Umgebung sowie insbesondere etablierter Religionen steht. Sekten sind weniger aufgrund des Inhalts ihrer Lehre als solche definiert, als vielmehr aufgrund des Konfliktpotentials, das sie in ihrer Umgebung begründen.Neue religiöse Gruppen oder Abspaltungen von bestehenden Religionen sind fast in allen Jahrhunderten entstanden - viele gingen unter, einige überleben in Nischen, manche etablierten sich als neue Religion.
Table of contents |
2 Geschichte 3 Heutiger Gebrauch des Wortes Sekte 4 Neutrale Differenzierung religiöser Gruppen 5 Weiterführende Angaben |
Bei der Vorstellung, das Wort Sekte sei eine Ableitung von lateinisch secare, trennen, abschneiden, bezeichne also eine Gruppe, die sich wegen einer besonderen Lehrmeinung von einer anderen Religion abgespalten habe, handelt es sich um eine (verbreitete) Volksetymologie - das Partizip von secare wäre secatum nicht sectum. Das lateinische secta Lebensweise leitet sich vom lateinischen Verb sequi (folgen, nachfolgen) ab und war die Übersetzung des griechischen ??????? "hairesis" in der Grundbedeutung Wahl, Denkweise.
Die nichtchristliche Antike bezeichnete bestimmte philosophische oder religiöse Gruppierungen wertfrei als Sekten. Auch die ersten Christen wurden in diesem neutralen Sinne als "Sekte der Nazarener", eine Richtung des Judentums bezeichnet.
Paulus verwendet das Wort ??????? "hairesis" in seinen Briefen für Spaltungen innerhalb der Gemeinde (z.B. (1Ko 1,10). Diese Spaltungen als solche werden von ihm negativ bewertet, ohne dass er dabei einer bestimmten Richtung unter ihnen den Vorzug gibt.
In der Alten Kirche wurde der Begriff hairesis dann immer mehr für Abweichungen von der gemeinsamen Lehre der mit einander in Kommunion stehenden christlichen Gemeinden verwendet und im vierten Jahrhundert hatte er dann kirchlich die Bedeutung "Irrlehre".
Dieser Begriff wurde dann von der lateinischen Kirche des Mittelalters als secta, Sekte, übernommen. So wurden die Protestanten als secta lutherana bezeichnet und auch im deutschen Sprachgebrauch redete die katholische Kirche noch bis ins 20. Jahrhundert in manchen Texten von Sekten, wenn sie die evangelischen Kirchen meinte.
Die Enquetekommission 'So genannte Sekten und Psychogruppen' verzichtete auf den Begriff Sekte mit folgender Begründung:
Willy Fautré, Präsident der Organisation Human Rights Without Frontiers, hat festgestellt: "Außerhalb ihres Bereichs bezeichnen die großen Weltreligionen gewöhnlich alle anderen religiösen Gemeinschaften als 'Sekten' oder 'Kulte' mit all dem negativen Beiklang, der sich aus dieser Wortwahl ergibt. Sie verwenden diese Bezeichnung, um Splittergruppen in ihren eigenen Reihen oder neue religiöse Bewegungen zu charakterisieren, die ihre Theologie oder ihre Vorherrschaft in bestimmten Teilen der Welt in Frage ziehen. ... Der Begriff 'Sekte' wird hauptsächlich dann gebraucht, wenn aus den unterschiedlichsten Gründen, zum Beispiel durch fremdartige Handlungen oder zweifelhafte Wertvorstellungen, eine gewisse Spannung zwischen einer neu etablierten religiösen Bewegung und dem religiösen Establishment oder der bürgerlichen Gesellschaft besteht. Dieses Phänomen ist nicht neu, sondern tritt in der gesamten Menschheitsgeschichte immer wieder auf." (Human Rights Without Frontiers, European Magazine of Human Rights, 8. Jahrgang, Nr. 2-3/1996, "Bulgarian Helsinki Committee", S. 6, 7.)
Vereinzelt geraten radikale Sekten im Zusammenhang mit Gewaltaktionen gegen Mitglieder oder Außenstehende in die Schlagzeilen. Besonders spektakuläre Beispiele sind der Widerstand der Davidianer gegen die US-Behörden 1993, bei dem über 80 Menschen starben, und die Massenselbstmorde innerhalb der Sonnentempler-Sekte, bei denen zwischen 1994 und 1997 in der Schweiz, in Kanada und in Frankreich insgesamt 74 Mitglieder ums Leben kamen. Der größte Anschlag einer Sekte gegen Außenstehende in der modernen Zeit war das Giftgasattentat der japanischen Aum-Sekte in der U-Bahn von Tokio im Jahr 1995, bei dem zwölf Menschen starben und über 5.500 verletzt wurden.
In der Wikipedia wird der Begriff Neue religiöse Bewegung benutzt, um Organisationen wie Scientology und Gruppen wie die Sonnentempler und die Satanisten einzuordnen.
Da das Wort Sekte oft undifferenziert gebraucht wird und verschiedene Bedeutungen haben kann, werden religiöse Gruppen in einer differenzierteren Denkweise nach verschiedenen konkreten Kriterien beurteilt und neutraler bezeichnet.
Bezüglich Organisationform, Verhältnis zum und zu anderen religiösen Gruppen, wird unterschieden zwischen:
Bezüglich Theologie wird im christlichen Spektrum unterschieden zwischen
Die Autoritätsstruktur einer Gemeinschaft ist unabhängig von ihrer Lehre (die Gruppe kann sehr autoritär sein, aber keine Sonderlehre vertreten).
Etymologie
Geschichte
Heutiger Gebrauch des Wortes Sekte
umgangssprachlich
Im landläufigen Sprachgebrauch wird mit Sekte oft eine religiöse Gruppe gemeint, die in irgendeiner unbestimmten Weise als gefährlich angesehen wird - ein solcher Gebrauch des Begriffs ist jedoch sehr problematisch, da er selten objektiv begründet wird. Meyers Enzyklopädisches Lexikon von 1977 schreibt: Mit dem Wort "Sekte" wird heute weitgehend die Vorstellung von etwas Abartigem, Gefährlichem, Widersetzlichem signalisiert und die Frankfurter Allgemeine Zeitung 1994 "Der Begriff "Sekte" hat heute einen negativen Beigeschmack und wird als "Kampfbegriff" gebraucht."
wissenschaftlich
Im rechtlichen, soziologischen und religionswissenschaftlichen Kontext wird das Wort heute kaum mehr verwendet. Das Münchner Rechtslexikon schreibt zum Beispiel, der Begriff "Sekte" habe in staatsrechtlicher Hinsicht seine Bedeutung verloren, da er eine negative theologische Beurteilung enthalte.
Im Gegensatz dazu hat das Bundesverfassungsgericht 1 BvR 670/91 in seinem Beschluss vom 26.06.2002 festgestellt, dass die Benutzung des Begriffs "Sekte" in dem konkreten Fall der Klage der Osho-Bewegung gegen die Bundesregierung unbedenklich ist:
James T. Richardson, Professor für Soziologie an der Universität von Nevada (USA), spricht sich dafür aus, den Begriff in Rechtsfällen zu verbieten, denn "der Begriff trägt einfach zu viel Ballast mit sich herum, um die beiläufige Verwendung in Fällen zu gestatten, die dazu dienen sollen, eine rationale Beurteilung wichtiger Fragen vorzunehmen." Des weiteren widerspricht der bewußt herabwertende Sekten-Begriff dem verbreiteten Grundansatz der Religionswissenschaft, wie ihn Tworuschka formuliert: Grundsätzlich ist die Religionswissenschaft um methodische Neutralität und Wertfreiheit bemüht. Dem beschreibenden Charakter einer Religionsdarstellung muß deshalb auch die Bezeichnung für die jeweilige Gemeinschaft entsprechen. Anwendung auf Extreme
Einige landläufig als Sekte bezeichneten religiösen Glaubensgemeinschaften stehen im Verdacht, sich nur aus wirtschaftlichen Gründen als religiöse Gruppe zu bezeichnen, um den besonderen Schutz des Staates, größere Freiheiten und Rechte, sowie die Befreiung von Steuern zu genießen. Bekanntestes Beispiel für eine Sekte, der solches nachgesagt wird, ist Scientology.Zusammenfassung
Gerade die begriffliche Nähe zu solchen Extremfällen im landläufigen Verständnis des Begriffes "Sekte" macht die Klassifizierung kleinerer Religionsgemeinschaften als Sekte oft genau zu dem, wovor sie zu warnen sucht; eine einseitige und difamierende Brandmarkung gegenüber Andersdenkenden, mit z.T. existenzvernichtendem Charakter (z.B. im Bezug auf Bewerberauswahlverfahren, bei denen eine solche Klassifizierung gegebenenfalls übernommen wird).Neutrale Differenzierung religiöser Gruppen
Nach Organisationsform
Nach Lehre
Nach Autoritätsgefälle
Weiterführende Angaben
Siehe auch
Weblinks