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schwanzmensch

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Schwanzmensch

Schwanzmenschen sind Menschen, deren hinteres Körperende sich nach Art eines Schwanzes (wie natürlicherweise bei einigen Affenarten vorhanden) verlängert hat und das Gesäß überragt.

Im Altertum glaubte man allgemein, dass es geschwänzte Menschen gebe. Man nahm an, dass nicht etwa nur vereinzelte Individuen, sondern ganze Völkerschaften Schwänze besäßen. Als geschwänzt galten die Kalystrier in Indien, einige Völker im Innern von Afrika und die Bevölkerung auf drei hinterindischen Inseln und auf einer Insel westlich von Sizilien. Im Mittelalter waren solche Geschichten weit verbreitet, teilweise gingen sie unreflektiert in die zeitgenössische naturwissenschaftliche Literatur über.

Noch Reisende des 19. Jahrhunderts berichteten von geschwänzten Menschen. Sie hatten Teile des Kostüms von Eingeborenen mit echten Schwänzen verwechselt. Die Niam-Niam-Krieger schmücken sich etwa mit Tierschwänzen, die beleibten Bongo-Frauen mit Quasten aus Bastfasern. Berichte von ganzen Völkerschaften, die Schwänze besitzen, sind also in das Reich der Fabel zu verweisen. Dagegen hat man auf Java, Borneo, Ceram oder Timor vereinzelt geschwänzte Menschen beobachtet, und zwar am häufigsten bei solchen Stämmen, die von anderen in das Innere der Inseln zurückgedrängt wurden, dort längere Zeit genetisch isoliert lebten, so dass es durch laufende Inzucht innerhalb des Stammes zu Missbildungen wie der Ausbildung von Schwänzen kam. Gelegentlich kommen Schwanzbildungen bis heute als Atavismen (Rückfälle in eine stammesgeschichtlich ältere Zeit) bei allen menschlichen Rassen vor. Sie zeigen in der äußeren Erscheinung wie in der anatomischen Struktur des Schwanzes große Differenzen.

Alle gut beschriebenen Fälle des Auftretens von Schwänzen werden üblicherweise als Missbildungen gedeutet, die auf Mutationen zurückzuführen sind. Es herrscht die Vorstellung vor, dass einige "eingemottete" Gene, die bei unseren stammesgeschichtlichenen Vorfahren noch aktiv waren, "versehentlich" wieder reaktiviert wurden und so zur Ausbildung eines tierischen Schwanzes beim Menschen führen. Wenn es sich aber in allen Fällen um Atavismen handelt, müssten sämtliche Schwänze deutlich erkennbare überzählige Wirbel enthalten, doch scheint dies nicht sicher der Fall zu sein. Der menschliche Embryo ist in den Frühphasen seiner Entwicklung ebenso wie die übrigen Säugetiere mit einem deutlichen, aber wirbellosen Schwanz versehen, der anfangs eine recht erhebliche Länge besitzen kann, sich dann aber zurückbildet und schon in der siebten Woche nur noch eine Vorwölbung, den Steißhöcker, bildet, der den Hinterbacken dicht aufliegt und mit der Körperoberfläche fest verwachsen ist. Diesen Zuständen entsprechen nun mehrere bekannte Fälle von freien Schwänzen oder angewachsenen Steißhöckern, die also auf Störungen der normalen Rückbildungsprozesse bei der Embryonalentwicklung beruhen. Wird heute ein Säugling mit einem derartigen Schwanz, der nicht rechtzeitig verkümmert ist, dem so genannten "Baby-Schwänzchen", geboren, wird ihm gleich nach der Geburt diese Schwanzbildung abgezwackt.

Zwei andere Formen von Menschenschwänzen lassen sich auf exzessives Wachstum während der Embryonalentwicklung zurückführen. Tritt ein solches Wachstum nach Rückbildung des embryonalen Schwanzes ein, so enthält der abnorme Schwanz Wirbel, aber nicht überzählige wie der atavistische, vielmehr sind die Steißbeinwirbel, deren Zahl sogar vermindert sein kann, nur vergrößert und treten deshalb über die Körperoberfläche hervor. Diese Schwänze bilden kurze Stummel, während die aus früherer Zeit stammenden langgestreckt, dünn, an der Spitze mehr oder weniger eingerollt sind und keine Wirbel enthalten.

Die italienische Filmklamotte Als die Frauen noch Schwänze hatten (Quando le donne avevano la coda, 1970; Regie: Pasquale Festa Campanile) mit Giuliano Gemma und Senta Berger in den Titelrollen nahm ironisch-slapstickartig zum Thema "Schwanzmensch" Stellung.

Abgrenzung

Abzugrenzen ist der Begriff "Schwanzmensch" vom Begriff "schwanzgesteuerter Mann", der z.B. innerhalb der Frauenbewegung meist abwertend für diejenigen Männer verwendet wird, die immer nur an das "Eine" denken. Auch die volkstümlich-humorige Bezeichnung "Dreibeiner" für ein männliches Wesen hat mit dem Begriff "Schwanzmensch" nichts zu tun.

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