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schamanismus

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Schamanismus

Schamanismus ist ein vor allem in Naturreligionen anzutreffendes religiöses Phänomen, wobei in einem ekstatischen Zustand Kontakt mit Geistern aufgenommen wird. Diese Geister sind Naturgeister, (Berg- Fluss- Baum-, Tiergeister u.s.w, (siehe auch Animismus) aber auch Geister der oberen und der unteren Welt, Seelen Verstorbener, hinter Krankheiten vermutete Schadensgeister (siehe auch Exorzismus), etc. Die Ausübenden dieser Praxis werden Schamanen genannt. Sie genießen eine besondere Stellung in der Gesellschaft und vertreten in Stammesgesellschaften oft die geistliche Autorität ("Medizinmann"/"Medizinfrau") im Ggs. zur weltlichen ("Häuptling").

Das Phänomen des Schamanismus gelangte hauptsächlich über die Erforschung der nordamerikanischen Indianerkulturen und die Sibirischen Völker in das westliche Bewusstsein, ist aber durchaus kein zirkumpolares Phänomen. Oft finden sich im Substrat von Nicht-Naturreligionen (Religionen mit Schriftkultur) schamanistische Elemente. In dem Zusammenhang zu nennen sind:

  • Die keltischen Druiden.
  • Die tibetischen "Orakel" genannten Medien, die auf die vorbuddhistsche Bön-Religion zurückgeführt werden.
  • Afrikanische Religionen, die später auch nach Amerika gelangten (Voodoo).
  • Moderne Medien (s. Okkultismus, Esoterik)
  • Ekstatische Techniken, bei den Propheten im Alten Testament, den Persern, den Sufis.

Der Begriff Schamane kommt wahrscheinlich vom evenkischen (=tungusischen) ?aman (?a: wissen?).

Vertreter der Theorie, der Schamanismus sei von Indien oder Tibet nach Zentralasien und Sibirien gekommen, leiten ihn vom indischen Pali-Wort samana ("Bettelmönch") her. Diese Theorie kann aber die weite Verbreitung des Schamanismus nicht erklären und könnte lediglich etymologische Spekulation sein.

Auf der anderen Seite gibt es einen ausgedehnten Diskurs darüber, ob es überhaupt zulässig ist, den in Sibirien erstmals vorgefundenen (tungusischen) Begriff auf alle oben genannten Phänomene zu übertragen.

Eine weitere Deutung des Wortes Schamane stammt aus dem Manjutungisischen, einer Sprache Sibiriens und bedeutet "mit Hitze und Feuer arbeiten". dfd Ein zentraler Aspekt des Schamanismus ist der Zustand der Ekstase, in dem Kontakt mit den Bewohnern anderer Welten Kontakt aufgenommen wird. Dieser Zustand wird über Meditation, mit Hilfe von Musik und rituellen Tänzen, aber auch über halluzinogene Drogen herbeigeführt. In die Kulthandlung werden zumindest passiv die dem Ritual beiwohnenden Personen einbezogen. In schamanistischer Vorstellung verlässt die Seele den Körper des Schamanen und betritt andere Welten oder er wird von einem Geist besessen, der durch ihn spricht.Dabei spielen selbstverständlich auch die sogenannten Spirits die Hauptrolle.

Die Aufgaben des Schamanen umfassen u.a. Krankenheilung, Geleit verstorbener Seelen ins Totenreich, Abwehr böser Geister, Wettervorhersage und -beeinflussung, Auffindung von Jagdwild, Weissagung, (Prophetie), Schadenszauber.

Das schamanistische Weltbild ist in Schichten gegliedert, statt des einfachen dreischichtigen (Himmel, Erde, Unterwelt) kommen sieben- oder gar neunschichtige Modelle vor. An einer Achse, dem Weltenbaum, steigen die Schamanen auf und ab.

Dem Schamanen stehen ein oder mehrere Hilfsgeister bei, die gemäß dem Jagdumfeld dieser Völker meist in Tiergestalt vorgestellt werden. Der Schamane selbst gibt sich während des Rituals eine Tiergestalt, legt sich Felle um und setzt Masken auf. Er arbeitet mit Amuletten und rituellen Musikinstrumenten, meist Trommeln.

Die Berufung der Schamanen ist selten freiwillig. Die Weitergabe des Wissens geschieht entweder über direkte Vererbung an blutsverwandte Nachkommen oder der (Ahnen-)Geist sucht sich selbst sein neues Medium, was dem alten Schamanen durch Omen mitgeteilt wird. Oft sträubt sich das Medium eine Weile gegen den besitzergreifenden Geist. Das Initationsritual wird meist als Vorerleben des eigenen Todes samt Auflösung des Körpers gestaltet. Der Schamane muss für das alte Leben gestorben sein, um zwischen den Welten wandeln zu können.

Von den monotheistischen Weltreligionen wurde das Schamanentum meist verdrängt oder sublimiert. Die Hilfsgeister der Schamanen werden mit bösen Dämonenen identifiziert.

Die positivistische Naturwissenschaft versucht, schamanistische Phänomene meist abzutun und mit Epilepsie oder anderen psychischen Abnormitäten zu erklären. Medizinische Wirksamkeit wird geleugnet oder mit Suggestion/Autosuggestion erklärt (Placebo-Effekt).

Der amerikanische Anthropologe Prof. Michael Harner untersuchte eine Vielzahl von schamanischen Kulturen und formulierte Anfang der Achziger Jahre das Konzept des Core - Schamanismus. Dabei handelt es sich um einen Satz von Kerntechniken, die in den schamanischen Traditionen in unterschiedlicher Ausgestaltung angewendet werden. Auf dieser Basis wurde ein kulturunabhängiger Weg zur schamanischer Erfahrung entwickelt, der von Menschen der modernen Welt gegangen werden kann. Die von M. Harner gegründete Foundation for Shamanic Studies widmet sich der weltweiten Bewahrung, der weiteren Erforschung und Lehre des schamanischen Wissens.

Literatur

  • Alfred Stolz: Schamanen - Ekstase und Jenseitssymbolik, dumont, 1988
  • Michael Harner: Der Weg des Schamanen, München 1999
  • Gerhard Mayer: Schamanismus in Deutschland, Würzburg: Ergon 2003
  • Roger Uchtmann: Schamanismus als dialektischer Modus, in: Michael Kuper (ed.) Hungrige Geister und rastlose Seelen, Berlin: Reimer 1991

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