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moondog

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Moondog

Moondog ist ein US-Amerikanischer Musiker (* 1916 als Louis Thomas Hardin in Maryville, Kansas)

Table of contents
1 Biographie
2 External links

Biographie

Es gibt keine seriöse und umfassende Biographie Moondogs, die kritischen Ansprüchen gerecht wird. Zwar existiert aus der Feder des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Robert Scotto ein mehr als 350 Seiten starkes Manuskript, das aber bis heute leider keinen Verleger gefunden hat. Er hat uns aber nicht nur den Entwurf der Biographie freundlicherweise zur Verfügung gestellt, sondern auch den vollständigen Text des dritten Kapitels: Snaketime (1943-1953).

Die folgende Kurzbiographie stammt von der Plattenfirma ROOF und kann nur vorläufig als erster Überblick über sein Leben dienen.

Im übrigen sei hier auf die zahlreichen Lexikonartikel, Buch- und Zeitschriftenbeiträge, Nachrufe, Plattenbesprechungen und insbesondere auf die Interviews mit Moondog verwiesen, in denen sich neben vielen unbrauchbaren auch einige gut recherchierte Berichte über Moondogs Leben finden.

Once in a blue Moon(dog) ...

Am 26.05.1916 wurde Louis Thomas Hardin in Maryville, Kansas, geboren. Seine Jugend verlebte er in verschiedenen Teilen des Mittleren Westens. Im Alter von 16 Jahren verlor er das Augenlicht bei einer Explosion, als er mit einer Dynamitkapsel hantierte. Auf einer Blindenschule in Iowa kam er mit klassischer Musik in Berührung und erhielt seine erste musikalische Ausbildung. Er lernte Violine, Viola, Piano, Orgel, Chorgesang und Harmonielehre, studierte autodidaktisch weiter, indem er las, was ihm zum Thema Musik in Blindenschrift zugänglich war. Und natürlich trommelte er weiter. Seine Gehörbildung perfektionierte er so sehr, dass er musikalische Ideen direkt aus dem Kopf in Blindenschrift umsetzen konnte. So gut wie alle seine Kompositionen entstanden ohne Instrument. Den Namen "Moondog" legte er sich 1947 zu - nach seinem Blindenhund, der, so Hardin, "mehr als jeder andere Hund, den ich kannte, den Mond anheulte ".

1943 zog es Hardin in den "Big Apple", wo er "street life" als dichtender und musizierender Clochard führte. Bis in die frühen 70er Jahre war er meist an der Ecke der 6th Avenue und 54th Street anzutreffen, trug kleine Gedichte und Kompositionen zur Trommel oder auf einer Zither vor und verkaufte sie an Passanten. Fasziniert von der Lektüre der "Edda", legte er sich eine Wikingerkluft zu. Alte Fotos zeigen den Verehrer nordischer Mythologie mit wallendem Bart, weitem Umhang, langem Speer und gehörntem Helm - etwa so, wie man sich den Großvater von Hägar dem Schrecklichen vorstellen würde. Von manchen Passanten wohl als exzentrischer Sonderling oder gar als Scharlatan beargwöhnt, von zahlreichen Künstlern aber hoch geachtet, wurde Moondog bald zu einer Art Institution im Straßenbild von Manhattan. Zu den schönsten Anekdoten, die um ihn kursieren, gehört wohl jene, wonach das Hilton Hotel in der "New York Times" Anzeigen schaltete, in denen es seine Adresse mit "gegenüber von Moondog" angab. Wenn Hardin auch die Straße zu seinem Zuhause machte, ein sozialer Drop-out, ein verwahrloster Berber war er nie. Auf der Straße lernte er Musiker der New Yorker Philharmonie kennen, die ihn ihrem Dirigenten Artur Rodzinski vorstellten. Der lud ihn ein, den Orchesterproben in der Carnegie Hall beizuwohnen, wo Moondog dann auch jahrelang ein und aus ging und eine Menge über Orchestrierung lernte. Dort machte er die Bekanntschaft von Arturo Toscanini, Igor Strawinski und Leonard Bernstein. Nach Rodzinskis Weggang 1947 freilich war der skurrile Wahlwikinger in der Carnegie Hall nicht mehr ganz so gern gesehen. An seinen Straßenecken traf er mit Charlie Parker zusammen, der ihm vorschlug: "You and I should make a record together". Durch Parkers plötzlichen Tod blieb der Musikwelt jedoch eine "Bird Meets Moondog" - Scheibe vorenthalten. Das hätte spannend werden können.

Dagegen kam es zu anderen, wenn auch weniger spektakulären künstlerischen Begegnungen. Mit Julie Andrews veröffentlichte Moondog 1955 bei Angel Records eine sehr erfolgreiche Platte mit Kinderliedern. Mit Charles Mingus bestritt er irgendwann ein Konzert im Whitney Museum, mit Allen Ginsberg eine Dichterlesung. Janis Joplin nahm 1968 eines seiner Madrigale, "All Is Lonelines" auf. "Damit machte sie es kaputt", wie Moondog heute meint. Bei den Labels Mars, Prestige und Epic waren bereits Platten mit seiner Musik erschienen, als er in den späten 60er Jahren zwei Alben für CBS einspielte.

Dann plötzlich war Moondog aus New Yorks Straßen verschwunden. Als er nicht wieder auftauchte, hielten ihn manche für tot. In einer TV-Talkshow bedauerte Paul Simon, eines seiner großen musikalischen Vorbilder, Moondog, sei verstorben. Doch der Wikinger, der sich selbst gern als "Europäer im Exil" sah, weilte inzwischen im Land seiner großen musikalischen Vorbilder, der Klassiker: Moondog lebte in Deutschland - in Oer-Erkenschwick am Nordrand des Ruhrgebiets. Das Wikingerkostüm hatte er in den Schrank gelegt und gegen Wollmütze und Rollkragenpulli eingetauscht. Was war geschehen? Auf Vermittlung eines Freundes, des Organisten Paul Jordan, war Moondog 1974 vom Hessischen Rundfunk zu zwei Konzerten nach Frankfurt eingeladen worden und einfach in Deutschland, seiner eigentlichen musikalischen Heimat, geblieben. In Hamburg, Hannover und wenig später in Recklinghausen setzte er fürs erste sein Straßenmusikleben fort, trommelte in den Fußgängerzonen und verkaufte seine Gedichte. Bis er von der Studentin Ilona Göbel angesprochen und, zunächst nur für ein paar Tage, ins elterliche Haus nach Oer-Erkenschwick eingeladen wurde."Mein zehn Jahre alter Bruder" erzählte sie, "wollte ihn zu Weihnachten zum Essen nach Hause einladen, weil er ihm so leid tat. Aber keiner aus der Familie traute sich, ihn zu fragen. Und dann sah ich eine Platte mit seiner Musik - Orchesterstücke, gespielt von 45 Musikern, mit einer Menge Solisten. Die kaufte ich. Als ich seine Musik zum ersten Mal hörte, war ich ergriffen. Ich konnte nicht glauben, dass jemand, der solche Musik schreiben kann, so leben muß wie er. Da lud ich ihn nach Hause ein".

Ilona Göbel redete ihm die Wikingerkluft aus (O-Ton: "Was bist du eigentlich - Modedesigner oder Komponist?") und brachte ihn auf den Geschmack an einem mehr bürgerlichen Leben. Sie gab ihr Studium auf, nahm Moondog in ihre Obhut und machte das Haus zum "Komponistenparadies" für Louis Hardin. Sie lernte, seine Kompositionen aus der Blinden- in normale Notenschrift zu übertragen und gründete den Musikverlag Managarm, in dem seither alle Moondog-Werke gemeinsam mit ROOF Music verlegt sind.

ROOF Music brachte auf seinem Label Kopf-Records in den späten 70ern drei Moondog-LPs heraus. Danach wurde es in puncto Veröffentlichungen still um den Ex-Wikinger. Der freilich komponierte unermüdlich weiter. Auf fünfzig Symphonien und zahllose kleinere Stücke ist sein Oevre mittlerweile angewachsen.

Anderthalb Jahrzehnte nach seinem Weggang erlebte Moondog jetzt in New York ein vielbeachtetes Comeback. So plötzlich, wie er damals verschwunden war, tauchte er Ende ´89 wieder aus der Versenkung auf, wenn auch nur für wenige Tage. Das 10. New Music America Festival hatte ihn eingeladen, einige seiner Kompositionen aufzuführen. Bei dem Konzert, das am 16.November unter dem Motto "Meet The Moderns" in der Brooklyn Academy of Music stattfand, standen u.a. auch Uraufführungen symphonischer Werke von Butch Morris und John Zorn auf dem Programm. In einer Folge von musikalischen Widmungen an Musiker, die er einst kannte (Benny Goodman, Lester Young, Charlie Parker, Artur Rodzinski), sowie an die Städte New York und Paris dirigierte Moondog selbst das Philharmonische Kammerorchester Brooklyn.

Als ebenso ungewöhnlich wie seine Musik wurde dabei sein Dirigierstil aufgenommen. Moondog spielte nicht die traditionelle Rolle der dirigierenden Autoritätsfigur, sondern saß seitlich des Orchesters und gab auf einer Pauke den Beat vor. In einem Interview nahm er dazu Stellung: "Ich verstehe mich als Erster unter Gleichen. Es gibt quasi 40 Dirigenten, und jeder ist sowohl für seinen eigenen Part verantwortlich als auch für die gesamte Aufführung. Orchestermusiker reagieren durchaus positiv auf diese Idee. In meiner Musik gibt es keine Taktwechsel. Wenn ich in 4/4 anfange, höre ich auch in 4/4 auf. Sie brauchen bloß gerade durchzuzählen. Nur wenn unbedingt nötig, gebe ich mal einen Wink mit der Hand. Aber durchweg will ich, wenn sie einmal angefangen haben, gar nicht, daß sie mich ansehen. Sie sollen sich auf ihren Part konzentrieren".

Das Medienecho auf Moondogs Rückkehr hätte kaum überschwenglicher sein können. Die "New York Times" etwa und "People Magazine" begrüßten ihn in ausführlichen Beiträgen; zahlreiche Zeitungen hoben ihn per Foto aus dem restlichen Programmangebot hervor. Und in einer Rezension des Konzertes in "New Yorks Newsday" hieß es: "Nur neun kurze Nummern des blinden, gabelbärtigen Moondog machten den Abend lebendig. Für den 75-jährigen könnte das New Yorker Comeback erst den Anfang einer neuen Karriere bedeuten." CBS und ROOF Music wiederveröffentlichten seine früheren Platten als CDs.

Der Pop-Chansonnier Stephan Eicher zog ihn, bei seinem Album "My Place" (Phonogram), für ein Instrumentalarrangement des "Guggisbergliedes" heran, und Musiker der Guildhall School of Music führten anläßlich Moondogs 75. Geburtstages im Mai in London und Dartington eine Reihe seiner Saxophonwerke auf.

Im Januar 1992 führte das American Ballet Theatre Orchesterwerke Moondogs in Hollywood, Washington (Kennedy Center) und in der New Yorker Metropolitan Opera auf. 1994 legte der unermüdlich schaffende damals 78jährige Amerikaner wieder ein Album vor. "SAX PAX FOR A SAX". Eingespielt im englischen Bath mit dem LONDON SAXOPHONIC Ensemble, das in GB und in Deutschland wahre Begeisterungsstürme auslöste, u.a. auf der DOCUMENTA in Kassel, beim STUTTGARTER JAZZGIPFEL und beim MOERS NEW JAZZ FESTIVAL 1994. Bei der Produktion waren neben DAVID LORD als Produzent (u.a. PETER GABRIEL) mit DANNY THOMPSON und PETER HAMMILL weitere Größen der englischen Musikwelt beteiligt.

1997 wird das Album "Sax Pax For A SAX" in den USA veröffentlicht (Atlantic Records). Moondog sieht sich als Klassizist. Sein kompositorisches Ideal ist der Kontrapunkt. Was aber auch moderne Musiker jedweder Colour (E, U oder Jazz) nicht davon abhält, von ihm beeindruckt zu sein. Von Philip Glass freilich fühlt Hardin sich nur halbrichtig verstanden, wenn der ihn als "the leader of the pack" bezeichnet; Glass selbst, aber auch Steve Reich und Terry Riley seien von Moondog beeinflußt. Tatsächlich arbeitet Moondog, ähnlich wie die Minimalisten, mit repetitiven Patterns, doch folgt er stets den Gesetzen des Kontrapunktes. Ein wenig schelmisch erhebt er deren Einhaltung gar zum Nonplusultra der Musik überhaupt. Daß ihm die Tendenzen der Neuen Musik zur Atonalität und zur Elektronik ein kompositorisches Greuel sind, versteht sich schon fast von selbst. Doch Moondog geht, nicht ohne augenzwinkernde Übertreibung, auch mit seinen klassischen Vorbildern streng ins Gericht. Mit geradezu diebischem Spaß "überführt" er selbst Bach oder Palestrina der Abweichung von den Kontrapunktregeln. Und doch klingt seine Musik nicht eben klassisch.

Klassische Techniken führen bei ihm zu einem unklassischen Resultat. Der Meister des Kontrapunkts komponiert so konsequent konservativ, daß es schon fast wieder revolutionär wirkt. In der formalen Strenge findet er seine musikalische Freiheit. Einen Hinweis zum Verständnis dieses scheinbaren Widerspruchs gibt Moondog selbst: "Mir kommt es so vor, als ob ich mit einem Fuß in Amerika und mit dem anderen in Europa stehe, oder mit dem einen in der Gegenwart und mit dem anderen in der Vergangenheit. Rhythmisch könnte man mich der Gegenwart, ja, der Avantgarde zurechnen; melodisch und harmonisch stehe ich dagegen sehr weit in der Vergangenheit".

Ob Songs oder Orchesterstücke, Kanons oder Madrigale, Werke für Orgel oder für Kammerensemble - fast immer ist seine zeitlos schöne Musik mit eigentümlichen Perkussionsrhythmen unterlegt, die Moondog selbst durchweg auf einer dreieckigen Trommel schlägt. Bisweilen entsteht sogar ein zwar eher "zickiger" als swingender, aber doch immerhin entfernt jazz-ähnlicher Beat. Tatsächlich bezieht Moondog sich auf traditionelle indianische Rhythmen, wie er sie als Kind in den Indianerreservaten von Wyoming kennenlernte, wohin ihn sein wanderpredigender Vater bei Missionsbesuchen gelegentlich mitnahm. Noch heute erzählt er gern davon, wie er auf Häuptling Yellow Calfs Schoß sitzen und die große Sonnentanztrommel schlagen durfte.

Die Vorliebe für Perkussion ließ ihn nicht wieder los. Die "Indian Beats" wurden zu einer Art Herzschlag in Moondogs Musik.

 

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