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Menschenversuch

Ein Menschenversuch (oder Humanexperiment) ist allgemein ein Versuch oder Experiment an einem oder mehreren Menschen zum Zwecke des Erkenntnisgewinns. Im engeren Sinn handelt es sich um einen wissenschaftlich durchgeführten Versuch, insbesondere aus dem Bereich der Medizin, der einen körperlichen Eingriff beinhaltet, d.h. den Gesundheitszustand der Versuchspersons beeinflusst.

Es gibt auch einen gleichnamigen Roman. Siehe Menschenversuch (Roman).

Im regulären Medizinbetrieb stehen Tests an freiwilligen Menschen mit an letzter Stelle beim Zulassungsprozess eines Medikamentes.

Kontext

Da bei einem Menschenversuch die Versuchsperson, ein Mensch, als Objekt betrachtet wird, handelt es sich nicht um einen wertfrei zu verwendenden wissenschaftlichen Begriff, sondern muss seine Verwendung im gesellschaftlichen, speziell strafrechtlichen, ethischen und historischen Kontext betrachtet werden.

Im öffentlichen Diskurs ist der Begriff Menschenversuch überwiegend negativ besetzt und wird auch auf Bereiche außerhalb seiner Kernbedeutung im Medizinbetrieb ausgedehnt. Auf der einen Seite der öffentlichen Wahrnehmung steht der Spezialfall eines oftmals als bewunderungswürdig angesehenen Selbstversuchs, bei dem z.B. ein Mediziner die Wirkung und etwaige Gefährlichkeit einer neue Substanz an sich selbst erprobt. In der vorindustriellen Zeit war dies die wichtigste Methode verantwortungsbewusster Ärzte und Forscher, die Medizin weiter zu entwickeln. Auf der anderen Seite stehen insbesondere die Erfahrungen im Nationalsozialismus, wo Menschenversuche etwa an Inhaftierten von Konzentrationslagern oder Behinderten durchgeführt wurden.

Unter Umständen ist bei einem Menschenversuch der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt (siehe auch §223 und folgende im deutschen StGB). Ethisch und rechtlich anerkannt wird im allgemeinen ein Menschenversuch, wenn die Versuchsperson dem Experiment freiwillig zustimmt und umfassend über mögliche Folgen aufgeklärt wurde. Jedoch ist dies nur eine erste, keineswegs eine hinreichende Voraussetzung (siehe Sittenwidrigkeit).

Aktualität und gesellschaftliche Verwendung

Eine aktuelle Situation stellen dem Menschenversuch verwandte Fälle dar, in denen Vertrauenspersonen, oft Ärzte, Menschen in Extremsituationen, insbesondere Soldaten oder Leistungssportlern (siehe Doping), Wirkstoffe verabreichen, ohne über deren Wirkung genau aufzuklären bzw. deren Gefährlichkeit oder Nebenwirkungen gar nicht hinreichend gesichert sind. Geschieht dies systematisch und stellt der Arzt keine Untersuchungen über die erwünschten wie unerwünschten Folgen an, überschreitet er die Grenze zum Menschenversuch. Die eingeholte "Zustimmung" in solchen Fällen ist in der Regel von unvollständiger Information und besonderen Abhängigkeiten, von der Selbsttäuschung bis zum Zwang, gekennzeichnet.

Auch die "ungefragte" und unkontrollierbare Einführung neuer Technologien (z.B. Mobilfunk) oder genetisch modifizierter Nahrungsmittel werden von vielen Kritikern als Menschenversuche bezeichnet. Dies ist jedoch eine erweiterte Auslegung, für die andere Begriffe vielleicht besser geeignet sind, da im Regelfall ein Versuch als solcher anzusehen ist, wenn er explizit willentlich und zur Klärung einer offenen Fragestellung unternommen wird, nicht, wenn wirtschaftlich motivierte Handlungen zu möglichen Nebeneffekten führen.

Geschichte der Menschenversuche

Medizinische Menschenversuche sind seit der Antike überliefert, waren nach dem Mittelalter ein Begleiter des neuzeitlichen Wandels in der Medizin und wurden im 19. Jahrhundert erstmals Gegenstand öffentlicher Kritik. Eine besondere Rolle spielten sie in den Euthanasie- und Rassenhygiene-Programmen während der Zeit des Nationalsozialismus. Hier kam es zu einer hohen Anzahl staatlich organisierter und ausführlich dokumentierter Versuchsreihen an Menschen, deren Leben als "unwert" betrachtet wurde. Aus heutiger Sicht werden diese Versuche - mit zumeist tödlichem Ausgang - als verbrecherischer Massenmord eingestuft.

Seit den Nürnberger Prozessen werden internationale Richtlinien für die Durchführung und Zulässigkeit von Menschenversuchen erarbeitet. Sowohl die sich wandelnden Erkenntnisse und Möglichkeiten der Medizin als auch die öffentlichen Debatten über deren Legitimität führen seitdem zu regelmäßig revidierten Fassungen ethischer Standards. Insbesondere die aktuelle Bioethik-Debatte über humangenetische Experimente hat mittlerweile die gesamtkulturelle Relevanz des Themas verdeutlicht.

Antike

Will man unter medizinischen Menschenversuchen grundsätzlich nur wissenschaftlich geführte Experimente einordnen, so markiert nach heutiger Auffassung die Antike um 500 v. Chr. den historischen Ausgangspunkt. Archäologische Funde aus prähistorischer Zeit belegen zwar medizinische Eingriffe am menschlichen Körper, wie etwa Trepanationen. Es wird jedoch angenommen, dass das Vorgehen eher mythisch-religiös - und damit vorwissenschaftlich - intendiert war. Zudem ist es oft schwer, medizinische Eingriffe deutlich von rituellen Opfergaben abzugrenzen.

Medizinisches Leitbild der Antike war die Humoralpathologie des Hippokrates. Diese "Vier-Säfte-Lehre" fand ihre Entsprechung in der Vier-Elemente-Lehre und manifestierte sich so für viele Jahrhunderte im kulturellen Überbau sowohl der Griechen als auch der Römer. Demnach entsprachen sich auch alle Lebewesen in der Natur einander. So kam es, dass die Untersuchungsergebnisse von Krankheitsverläufen bei Tieren analog auf den Menschen übertragen wurden. Lange Zeit sah man daher keine Notwendigkeit für Experimente am Menschen und beschränkte sich auf Tierversuche.

Erst mit Aristoteles ist die Auffassung überliefert, dass auch Untersuchungen am lebenden Menschen zum Verständnis von Krankheiten nötig sein, da sich der tote Leib so sehr ändere, dass die Ergebnisse nicht auf Lebendige übertragbar seien. Die ersten systematischen Vivisektionen begannen wahrscheinlich in Alexandria zum Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. Versuchspersonen waren meist zum Tode verurteilte Verbrecher. Häufig dienten diese Versuche aber nur dem besseren Verständnis der menschlichen Anatomie.

Vom römischen Arzt Galen (2. Jhdt. n. Chr.) wird schließlich von gezielten Eingriffen in körperliche Abläufe im Sinne von Menschenversuchen berichtet. Er und seine Nachfolger sollen z.B. Entzündungsprozesse gefördert haben, da nach ihrer Auffassung der ausfließende Eiter das Gleichgewicht der vier Körpersäfte wieder herstellte.

Mittelalter und Renaissance

Mit dem Untergang des römischen Reiches im 5. Jahrhundert und der wachsenden Vorherrschaft des Christentums kam es in Europa für viele Jahrhunderte zum Stillstand in den Naturwissenschaften. Das Studium weltlicher Dinge galt als ein Werk des Teufels. Ärzte waren mit wenigen Ausnahmen Mönche oder Priester, die eher studierende als praktizierende Mediziner waren, da sie bei Ausübung ihrer Kunst mit einer Exkommunikation rechnen mussten. Die Humoralpathologie, die Mensch und Kosmos untrennbar miteinander verband, passte der Kirche gut in ihr Konzept. Zudem setzte sie für lange Zeit ein generelles Sezierverbot durch, das erst im 13. Jahrhundert wieder aufgehoben wurde.

Nachdem man der Pestepidemie im 14. Jahrhundert hilflos gegenüber stand, begann man in der Renaissance mit einer Rückbesinnung auf eine weltliche medizinische Forschung. Neue ethische Forderungen an die Ärzte, wie in der Peinlichen Halsgerichtsordnung von Karl V im Jahre 1532 wurden erlassen. Sie stellten die Verantwortlichkeit des Arztes für fahrlässige und vorsätzliche Tötung von Patienten heraus. Die Vivisektion blieb hingegen auch weiterhin verboten.

Erlaubt und mancherorts üblich waren nur Versuche an den zum Tode verurteilten Gefangenen. Untersucht wurde dabei zumeist die Wirkung von Pflanzengiften und das Erproben möglicher Gegengifte. So ist etwa ein Experiment aus dem 16. Jhdt. überliefert, bei dem die hohe Toxizität des Blauen Eisenhutes nachgewiesen wurde.

Neuzeit bis zum 19. Jahrhundert

(in Arbeit)

Industrielle Revolution bis zum Nationalsozialismus

(in Arbeit)

Zeit des Nationalsozialismus

(in Arbeit)

Nürnberger Kodex

(in Arbeit)

Deklaration von Helsinki

(in Arbeit)

Bioethik-Debatte

(in Arbeit)

Literatur

Siehe auch: Körperverletzung, Tierversuch, Selbstversuch, Medikament, Drogen

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