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melli beese

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Melli Beese

Hedwig Amelie Beese-Boutard (*13. September 1886 in Laubegast bei Dresden; ? 22. Dezember 1925 in Berlin), besser bekannt unter ihrem Rufnamen Melli Beese, war die erste Frau, die in Deutschland die Pilotenprüfung ablegte.

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1 Leben

Leben

Melli Beese war die einzige Tochter eines Architekten. Ihre Eltern waren wohlhabend und förderten die begabte Tochter in allen Gebieten. Von 1906 bis 1909 studierte Melli Beese an der Königlichen Akademie der freien Künste Stockholm die Bildhauerkunst. In Schweden lernte sie auch ihre große Leidenschaft, die Hochseesegelei kennen. Melli war jedoch auch fasziniert über die Berichte und technischen Fortschritte in der "Aviatik". Sie las und sammelte alle Berichte über die Flugversuche der Gebrüder Wright.

1910 kehrte sie nach Deutschland zurück.

Ausbildung

1910 war ein entscheidendes Jahr für die Luftfahrt: Léon Delagrange stürzte tödlich ab, Thérèse Peltrier gab öffentlich bekannt, doch nicht Pilotin werden zu wollen, Raymonde de Laroche erhielt als erste Europäerin ihre Flugerlaubnis, gefolgt von Marie Marvingt, und stellte auch gleich einen Dauerweltrekord für weibliche Piloten auf. Im November desselben Jahres erhielt die Belgierin Hélène Dutrieu als dritte Frau die Flugerlaubnis des Aéro Club de France.

Als Melli Beese im November nach Deutschland zurückkehrte, begab sie sich zum Flugplatz Johannisthal, um sich einen Fluglehrer zu suchen. Erst sprach sie bei den Albatros-Flugwerken vor, die sie wegen mangelnder Erfahrung mit weiblichen Schülern ablehnten und zu den Wright-Flugwerken weiterschickten. Bei der "Flugmaschine Wright GmbH" hatte bereits die Ballonfahrerin Käthe Paulus Flugstunden genommen. Paul Engelhard weigerte sich jedoch, noch einmal eine Frau zu unterrichten und schickte Melli Beese weiter zur "Ad Astra Fluggesellschaft". Deren Fluglehrer, Robert Thelen, erklärte sich endlich bereit, Beese als Schülerin anzunehmen.

In den 1910er Jahren wurde nur geflogen, "wenn ein entfaltetes, in die Luft gehaltenes Taschentuch sich nicht bewegt". Flugschüler saßen manchmal wochenlang in den Hallen des Flugplatzes und warteten, bis sich eine Gelegenheit zum Aufstieg ergab. Beeses männliche Kameraden sahen in ihr eine unwillkommene Konkurrentin und taten Alles, damit sie nicht in die Luft kam. Erst nachdem sie Thesen zur Rede gestellt hatte, durfte Melli Beese erstmals aufsteigen. Bei ihrem zweiten Flug im Dezember 1910 setzte der Motor aus, und Beese stürzte aus 20 Metern Höhe zu Boden und brach sich den Knöchel. Gegen die Schmerzen wurde sie mit Morphium behandelt, was ihre lebenslange Sucht auslöste. Einige Tage nach dem "Bruch" starb ihr Vater.

Im Januar 1911 kehrte Melli Beese nach Johannisthal zurück. Für Robert Thelen war ihre Bruchlandung der Beweis, dass "Frauen im Flugzeug eben Unglück bringen" und er weigerte sich, sie weiter zu unterrichten.

Im Mai 1911 unterschrieb Beese einen neuen Schulungsvertrag bei den Rumpler-Werken. Hellmuth Hirth, der Fluglehrer, war von der Idee wenig begeistert, gab jedoch dem Druck der Rumpler-Direktion nach, die sich durch eine weibliche Werkspilotin einiges an Publicity versprach. Melli Beese hatte mit der negativen Einstellung Hirths zu kämpfen: jedesmal, wenn sie an der Reihe war, saß bereits ein anderer Schüler im Flugzeug oder "technische Probleme" verhinderten den Flug. Einmal, während eines Übungsfluges, war sogar ihr Flugzeug sabotiert worden, was Hirth als "Streich von Männern, einer Frau gespielt, die unerlaubt in ein Männern vorbehaltenes Revier eingedrungen ist" abtat.

Ohne ausreichende Flugerfahrung meldete sich Melli Beese schließlich ein erstes Mal zur Prüfung an. Das "Flugzeugführerzeugnis" des Verein des Deutschen Luftfahrtverbandes DLV war nötig, um an Wettflügen teilnehmen zu können. Die Prüfung bestand aus drei geschlossenen Rundflügen von mindestens 5 Kilometern Länge. Nach jedem Flug musste vorschriftsmäßig gelandet und der Motor ausgeschaltet werden. Die Landung hatte höchstens 150 Meter von einem festgelegten Punkt zu erfolgen.

Beeses erste Prüfung endete mit einer Beinahe-Katastrophe: Kaum war sie in der Luft, setzte der Motor aus. Sie leitete sofort die Landung ein und musste feststellen, dass der Benzintank sabotiert worden und das Benzin ausgelaufen war. Sie meldete den Vorfall aber nicht (sondern erwähnte ihn erst in ihrer Autobiographie). Danach meldete sie sich erst wieder zur Prüfung an, als Hellmuth Hirth abwesend war und der Unterricht deswegen ausfiel. Am 18. September 1911, ihrem 25. Geburtstag, stieg sie in den frühen Morgenstunden mit der Rumpler-Taube auf, flog die vorgeschriebenen Runden und Figuren. Als ihre neidischen Kameraden auf dem Flugplatz eintrafen, hielt sie bereits als erste Frau Deutschlands die "Flugzeugführerlizenz" in ihren Händen.

Melli Beese hatte Edmund Rumpler, dem Besitzer der Rumpler-Werke, versprochen, an den Johannisthaler Herbstflugwochen für ihn zu starten. Zwei seiner Meisterflieger machten jedoch Druck auf den Konstrukteur, dass sie nicht starten würden, wenn eine Frau im Werksteam mitfliege. Bevor Meese zu einem Flugzeug kam, musste erst Flugplatzdirektor Georg Tschudi bei Rumpler intervenieren, der im Vorfeld der Flugwochen mit der Anwesenheit einer Frau für seinen Anlass geworben hatte und um seine Attraktion fürchtete.

Melli Beese nutzte ihre Chance. Unter 24 Teilnehmern erreichte die unerfahrene Fliegerin mit ihrer Rumpler-Taube den guten 5. Rang. Nach dem vierten Tag lag sie zwar auf Rang 2, am fünften Tag durfte sie jedoch nicht starten, weil wegen des schlechten Wetters "das Fliegen nunmehr einer Frau nicht mehr zuzumuten" gewesen sei. Bei demselben Anlass stellte sie mit 2h 9min einen neuen Dauerweltrekord für Frauen auf. Ein Jahr später stellte sie bei den Flugwochen einen neuen Höhenweltrekord für Frauen auf (825m).

Flugschule Melli Beese GmbH

Im Jahr 1912 gründete sie gemeinsam mit Charles Boutard und Hermann Reichelt die "Flugschule Melli Beese GmbH". Reichelt brachte einen seiner selbst gebauten Eindecker mit, Boutard stellte einen ebenfalls selbst konstruierten Eindecker zur Verfügung. Beese benutzte ihre alte Rumpler-Taube als Schulflugzeug.

Bei der viel beachteten Gründung ihrer Flugschule kritisierte Beese scharf das bisherige Ausbildungssystem: "Auf mannigfache Anregung hin habe ich mich entschlossen, auf dem Flugplatz Johannisthal eine eigene Flugschule zu errichten. Ich bin dabei von der Erwägung ausgegangen, dass es an der Zeit ist, den in vielen Beziehungen ungeregelten Zuständen in manchen Flugschulen dadurch ein Ende zu machen, dass ein wirklich ordnungsgemäßes und straff geordnetes Institut die Ausbildung zum Flieger nach festgesetzten Grundsätzen übernimmt. Vor allem soll der Unterricht schnell erfolgen, und zwar auf Wunsch auf Maschinen verschiedener Gattung [...]. Da ich einerseits unter allen Umständen nur eine beschränkte Anzahl von Schülern annehmen will und mir andererseits drei Maschinen und drei Fluglehrer zur Verfügung stehen, so wird der fast überall eingerissene Übelstand entfallen, dass die Schüler Wochen und Monate auf dem Flugplatz verweilen, ohne überhaupt zum Fliegen zu kommen."'

Durch ihre Kritik an den Zuständen bei den Flugschulen der großen Flugzeugwerke bewies Melli Beese Mut und Zivilcourage.

Neben der Flugschule machten sich Beese und ihre Teilhaber daran, die Rumpler-Taube nachzubauen. Bald schon konnten sie die "Beese-Taube" aus eigener Produktion zu einem günstigen Preis von 12'000 Mark anbieten. Aber die Pläne Beeses waren ehrgeizig: Sie plante die Konstruktion eines Flugbootes - Ein Flugzeug, mit dem sie ihre Passion, das Segeln, mit ihrem Beruf als Pilotin verbinden konnte.

Am 25. Januar 1913 heiratete Melli Beese ihren Teilhaber Charles Boutard in Berlin und nahm dabei die französische Staatsbürgerschaft an. Das Paar zog in eine Villa gleich vor den Toren des Flughafens, auf dem sich ihr Leben abspielte.

Als sich der Krieg anfing abzuzeichnen, erhielten vor allem die großen Flugzeugwerke staatliche Förderung. Beese und Boutard setzten all ihre Hoffnungen auf ihr "Flugboot", das sie für eine im August 1914 in Warnemünde stattfindende Veranstaltung anmeldeten. Das fertige Flugzeug lag bereits in Warnow, als am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach und Melli Beese und ihr Mann als "feindliche Ausländer" verhaftet wurden. Das "Fliegende Boot" wurde von den Behörden zerstört.

Erster Weltkrieg

Bei Kriegsausbruch mussten Beese und Boutard ihre gutgehende Fabrik und Flugschule schließen. Sie durften den Flugplatz und ihre Flugschuppen sowie die Fabrik nicht mehr betreten. Charles Boutard wurde interniert, Melli Beese unter Hausarrest gestellt. Nachdem ihr Mann vorläufig zurückkehren durfte, wurde das Paar in Wittstock an der Dosse interniert.

Isoliert, ohne Arbeit und von Wachposten misstrauisch beäugt, erkrankten beide an Tuberkulose. Melli Beese gab sich mehr und mehr dem Morphium hin, um die Leere auszufüllen.

Sobald der Krieg zu ende war, kehrte Melli Beese nach Johannisthal zurück. Ihre Flugzeugschuppen waren geräumt und ihre Flugzeuge demontiert worden. Das Fliegen war den Deutschen im Versailler Vertrag verboten worden und Beese stand vor dem finanziellen Nichts. Boutard wurde nach Frankreich gebracht, wo er sich dafür rechtfertigen musste, dass er während des Krieges in Deutschland geblieben war. Nun versuchte Beese, von der Regierung eine Entschädigung für ihre Fabrik sowie ihre Flugzeuge zu erhalten. Das erhaltene Geld investierte sie, doch die Automobilfirma, die sie unterstützte, machte Konkurs.

Das Ende

Noch gab die morphiumsüchtige, am Boden zerstörte Frau nicht auf. Sie bestand auf ihrem Traum. Gemeinsam mit dem zurückgekehrten Charles Boutard plante sie, mit zwei Flugzeugen um die Welt zu fliegen.

Lange mussten die beiden nach Geldgebern für ihr Unternehmen suchen. Schlussendlich erklärten sich die Fokker-Werke bereit, ihnen eine ausgediente Kriegsmaschine zur Verfügung zu stellen. Aber erst musste Melli Beese beweisen, dass sie mit der neueren Technologie zurecht kam.

Der Probeflug auf dem neuen Flugplatz Berlin-Staaken am 21. Dezember 1925 endete in einer Katastrophe: Beese stürzte ab und zertrümmerte nicht nur das Flugzeug, sondern auch ihre Lebensträume. Es war ein Wunder, dass sie bei dem Unfall unverletzt blieb. Sie kehrte in die Pension zurück, in der sie übernachtet hatte, und erschoß sich, nachdem sie "Fliegen ist notwendig. Leben nicht." auf einen Zettel geschrieben hatte.

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