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Mediologie

Die Mediologie ist das Forschungsgebiet der Mediologen. So weit, so einfach:

Doch Fragen, was denn die Aufgaben eines MediologInnen seien, bzw. worin der Sinn und Zweck der Mediologie liege, beantworten die Fachleute dieser Disziplin mit einem geheimnisvollen Lächeln: ?Diese Frage zu lösen ist eine der Aufgaben der Mediologie, und es ist nicht die einfachste.?

Nachforschungen nach dem Wesen der Mediologie bringen schnell eine erste Überaschung zu Tage: Es gibt sie nicht, die Mediologie, und somit auch keine MediologInnen. Zumindest nicht in Deutschland. Auch wenn sich viele durchaus etwas unter dem Begriff vorstellen können: Mediologie ist kein Studienfach, das Arbeitsamt hat keine MediologInnen in seinem Berufsregister, und die allermeisten Lexikas lassen den Begriff als nicht relevant einfach unerwähnt. Nicht so in Frankreich: dort ist die Mediologie hochangesehen und nicht nur ein hilfreiches Handwerkszeug für andere Wissenschaften.

Als einfachste Übersetzung für die Mediologie taugt wohl der Begriff Quellenkunde. Und als forschendes Vorgehen eignet sich immer noch das uralte Prinzip der Jäger und Sammler. Die MediologInnen sehen sich Publikationen aller Art an, wählen Dinge aus, die ihnen wahlweise direkt auffallen oder in eines ihrer Forschungsgebiete passen, sortieren diese Dinge nach unterschiedlichen Kriterien und stellen diese geordneten Sammlungen wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung. So einfach ist das.

Ansonsten reicht das Spektrum mediologischen Wirkens vom politischen Engagement zur politikwissenschaftlichen Analyse, von der persönlichen Präsenz in den Medien zur kritischen Auseinandersetzung mit deren Methoden, von der Untersuchung zeitgeschichtlicher Fragen zur intensiven Beschäftigung mit Kunst und Philosophie bis hin zur Religion.

Als bekanntester Mediologe gilt mit Régis Debray, wen wundert's, ein Franzose. Er studierte Anfang der 60er Jahre an der geisteswissenschaftlichen Elitehochschule ENS in Paris bei dem berühmten marxistischen Philosophen Althusser. Als überzeugter Marxist/Leninist versucht er die Theorie in revolutionäre Praxis umzusetzen. Nach einer Einführung durch Fidel Castro auf Kuba begleitet er Che Guevara in Bolivien. Dort wird er 1967 gefangengenommen. Ein Foto eines westlichen Fotografen rettet ihn vor dem Erschießungskommando und erzeugt internationalen Druck. Begnadigung zu lebenslanger Haft. Anfang der 70er Jahre kann er nach Frankreich zurückkehren. Es folgen zahlreiche politisch-essayistische Bücher, die auch ins Deutsche übersetzt wurden. Freundschaft mit Oppositionsführer François Mitterand. Ab 1981 Conseiller d´État und persönlicher Berater des Präsidenten. 1988 demissioniert Debray, der sich mehr und mehr im Widerspruch zu Mitterand sieht. Rückbesinnung auf wissenschaftlichphilosophische Projekte und Konzeption der ersten mediologischen Arbeiten. In den 90er Jahren: Neben politisch-biographischen Werken, mehrere Bücher über Mediologie. Gründung einer mediologischen Gesellschaft, AD REM, der sich zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen anschließen. Seit 1996 Herausgabe der Zeitschrift Cahiers de médiologie.

Die meisten MediologInnen möchten aus ihrem Selbstverständnis heraus ausdrücklich klarstellen, daß sie nicht mit allen Formen und Inhalten der geschilderten Medien konform gehen. Um aber nicht selbst als Zensoren zu fungieren, sollen im Sinne einer möglichst umfassenden Dokumentation von Zeitgeist und Wertewandel auch viele strittige Beispiele vorgestellt werden. Denn sie verstehen sich vielmehr als Chronisten, die aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verdrängte Realien der Populärkulturgeschichte wieder dem Archiv des kollektiven Gedächtnisses hinzufügen möchten. Als Kulturwissenschaftler wollen sie damit einen Beitrag liefern, die Diskussion um die niemals endgültigen Grenzen der von einem demokratischen Rechtsstaat tolerierbaren Medieninhalte zu beleben.

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