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max bense

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Max Bense

Der deutsche Philosoph, Schriftsteller und Publizist Max Bense (* 7. Februar 1910 in Straßburg, ? 29. April 1990 in Stuttgart) ist durch Arbeiten zu Wissenschaftstheorie, Logik, Ästhetik und Semiotik hervorgetreten. Sein Denken verbindet Naturwissenschaften, Kunst und Philosophie unter einer gemeinsamen Perspektive und verfolgt eine Definition von Rationalität, die als existentieller Rationalismus die Trennung zwischen geistes- und naturwissenschaftlichem Denken aufzuheben vermag.

Leben

Max Bense verbrachte seine frühe Kindheit im Geburtsort Straßburg und wurde mit seiner Familie 1918 in der Folge des Ersten Weltkriegs aus dem unabhängig gewordenen Elsaß-Lothringen ausgewiesen. Er besuchte ab 1920 ein Gymnasium in Köln und studierte nach 1930 an der Universität Bonn Physik, Chemie, Mathematik und Geologie, daneben Philosophie. Sein literarisches Interesse zeigte sich in während des Studiums entstandenen Beiträgen für Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk; für letzteres Medium schrieb er zahlreiche Hörspiele und half das seinerzeit junge Genre zu fördern. 1937 wurde er mit einer Dissertation über "Quantenmechanik und Daseinsrelativität" zum Dr. phil. nat. promoviert. Den von Max Scheler übernommenen Begriff Daseinsrelativität verwendete er, um zu erklären, dass neue Theorien nicht zugleich der klassischen Wissenschaft widersprechen müssen. Bense, erklärter Gegner des Nationalsozialismus, opponierte damit bewusst gegen die Deutsche Physik des NS-Staates, die die Relativitätstheorie wegen der jüdischen Herkunft Albert Einsteins ablehnte. Eine Habilitation wurde ihm darum verwehrt.

Ab 1938 arbeitete Bense zunächst als Physiker der Bayer AG in Leverkusen. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war er Soldat, zunächst als Meteorologe, dann als Medizintechniker in Berlin und Georgenthal (Thüringen), wo er nach Kriegsende kurzzeitig Bürgermeister wurde. 1946 berief ihn die Universität Jena zum Kurator (Universitätskanzler) und ermöglichte ihm an der Pädagogischen Fakultät die Habilitation zum Professor für Philosophie.

Bense floh 1948 vor der politischen Entwicklung der SBZ nach Boppard und wurde 1949 zum Gastprofessor, 1950 zum außerordentlichen Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart (seit 1967: Universität Stuttgart) für Philosophie und Wissenschaftstheorie berufen. Die nach 1955 von Bense entfachte Kontroverse um mythologisierende Tendenzen in der deutschen Nachkriegskultur und die daraus entstehende öffentliche Polemik führte zu unsachlichen Angriffen auf ihn; tatsächlich wurde seine Berufung zum Ordentlichen Professor bis 1963 hinausgezögert.

Daneben wirkte er von 1953 bis 1958 an der Volkshochschule Ulm bzw. an der dortigen Hochschule für Gestaltung und hatte in den Jahren 1958 bis 1960 und 1966/1967 Gastprofessuren an der Hamburger Hochschule für bildende Künste inne.

Max Bense wurde am 7. Februar 1978 emeritiert und starb 1990 als international anerkannter Wissenschaftler.

Philosophie

Bereits in seiner ersten Veröffentlichung "Raum und Ich" (1934) verbindet Bense die theoretische Philosophie mit Mathematik, Semiotik und Ästhetik; dies blieb sein thematischer Schwerpunkt. Er formulierte hier erstmals eine rationale Ästhetik, die das Sprachmaterial ? Worte, Silben, Phoneme ? als statistisches Sprachrepertoire definiert und sich gegen eine auf Bedeutung beruhende Literatur stellt. In Umkehrung befasste sich Bense auch mit dem Begriff des Stils, den er nach Gottfried Wilhelm Leibniz' Mathesis Universalis auf die Mathematik anwandte, eine universelle Beschreibungssprache postulierte und sie entwarf. "Die Mathematik in der Kunst" (1949) wurde sein Ausgangspunkt, mathematische Formprinzipien in der Kunstgeschichte zu erforschen. Daraus entwickelte Bense eine Perspektive, den mathematischen Geist in Sprachkunstwerken zu sehen, vor allem in Metrik und Rhythmik. Benses Überlegungen gingen vom Zusammenhang eines mathematischen und eines sprachlichen Bewusstseins aus, die gemeinsam entstanden und zu einander ergänzenden Denkformen gewachsen sind. Die atomistischen Strukturen der beiden Sprachformen sah er als gleichwertig an, die aus nicht deutbaren Grundelementen (Zeichen) und Regeln bzw. Operatoren eine Bedeutung tragende, Information vermittelnde und stilistisch geformte Sprache ermöglichen; die ästhetische und die semantische Information betrachtete er als generell getrennt und erst durch ihren Gebrauch definiert. Dies stellte zugleich die erste deutsche Rezeption Ludwig Wittgensteins in der Ästhetik dar.

Die Zerstörung der sozialen und intellektuellen bürgerlichen Welt seit Beginn des 20. Jahrhunderts betrachtete Bense als Parallele zur Zerstörung der Seinsauffassungen in der Philosophie; die natürliche Welt sah er durch eine künstliche ersetzt. Als damaliger Vorläufer des Computerzeitalters durchdachte Bense auch die technischen Gegenbilder menschlicher Existenz; anders als manche Zeitgenossen sah er in der Maschine ein reines Produkt menschlicher Intelligenz, die Algorithmen als Grundlage hat, stellte aber früh ethische Fragen, die erst in der Technikethik der darauf folgenden Jahrzehnte diskutiert wurden. Seine von Walter Benjamin beeinflusste pragmatische Sichtweise der Technik ohne Fortschrittsglauben und -ablehnung trug ihm die Kritik Adornoss ein ? und damit erneut die Rolle der Opposition.

Angeregt von Hirnforschung, Informatik und der Beschäftigung mit elektronischen Rechenanlagen, aber auch von Wittgensteins Konzept des Sprachspiels, versuchte Bense, die traditionelle Anschauung über literarische Texte zu relativieren. Darin war er einer der ersten Kulturphilosophen, die die technischen Möglichkeiten des Computers in ihr Denken einbezogen und sie interdisziplinär erforschten. Er analysierte sprachliche Phänomene statistisch und topologisch unterzog sie zeichen-, informations- und kommunikationstheoretischen Fragen und bediente sich dabei strukturalistischer Denkansätze. Dadurch wurde Bense zum ersten Theoretiker der Konkreten Poesie, die Eugen Gomringer 1953 begann und die z. B. Helmut Heißenbüttel, Claus Bremer, Reinhard Döhl und Franz Mon zu weiteren Experimenten anregte, die auch auf die Sprachzerlegungen Ernst Jandls wirkte (s.a. Stuttgarter Gruppe/Schule).

Bense begnügte sich bei seiner Beschäftigung mit Literatur und literarischer Sprache nicht nur mit theoretischen Überlegungen; er stand in engem Kontakt mit Autoren wie Alfred Andersch und Arno Schmidt. Seine Analogiebildungen zur Bildenden Kunst trugen wesentlich zum Verständnis von Kubismus und Dadaismus bei.

Als Wissenschaftstheoretiker vertrat Bense den synthetischen Bildungsbegriff, in dem klassischer Humanismus und moderne Technologie einander konstruktiv ergänzen. Aus dieser Wissenschaftsauffassung erhoffte er sich gleichermaßen fortschrittliche Erkenntnisse, die stets ethisch zu hinterfragen sind, wie auch die Vermeidung von Regression. Bense sprach sich damit für die Aufklärung aus und stellte sich selbst in diese Tradition.

Nach 1984 übertrug Max Bense seine Theorien von visueller Kunst auf Bildschirmmedien. Damit lassen sich die frühen medienwissenschaftlichen Überlegungen zum Internet, besonders das Konzept der Netzliteratur auf ihn zurückführen.

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