Israelische Sperranlagen
Als Israelische Sperranlagen bezeichnet man eine 720 km lange Absperrung, die das israelische Kernland vom Westjordanland trennen soll. Der Bau wurde im Jahre 2003, in der zweiten Amtszeit des israelischen Premierministers Ariel Scharon, begonnen. Die Fertigstellung soll bis zum Sommer 2005 erfolgen. Zur Begründung des Baus wird der Schutz Israels vor dem palästinensischen Terrorismus genannt.
Die Sperranlagen werden zum größten Teil (auf 700 Kilometer) aus einem Metallzaun sowie einem 70 Meter breiten militärischen Sperrgebiet (mit Straße, Graben und Stacheldraht) bestehen. In kleinen Teilen (insgesamt auf etwa 25 Kilometer), wo diese Breite nicht eingehalten werden kann, wird eine bis zu 8 Meter hohe Mauer aus Stahlbeton errichtet. Der Zaun wird so angelegt, dass jüdische Siedlungen mindestens 2,5 Kilometer von ihm entfernt sind, palästinensische Siedlungen jedoch oft von ihm zerschnitten werden. Der Wall kostet bis zu 2 Millionen US-Dollar pro Kilometer.
Die Anlagen stehen zum überwiegenden Teil auf palästinensischem Gebiet oder auf der so genannten "Grünen Linie", der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland vor dem Sechstagekrieg von 1967. Streckenweise verlaufen die Sperranlagen tief im Innern des palästinensischen Autonomiegebietes. Gerade deswegen sind sie höchst umstritten und wurden in einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs für illegal erklärt. Für ihren Bau wurde an zahlreichen Orten palästinensischer Grund beschlagnahmt, außerdem trennen die Sperranlagen zahlreiche Dörfer und Städte von ihren Feldern auf der anderen Seite und entziehen ihnen damit die wirtschaftliche Grundlage. Die Palästinenser verlieren 2,9 % ihres Landes; dabei handelt es sich jedoch um 80 % ihres fruchtbaren Landes, auf dem sich 65 % ihrer Wasserressourcen befinden. Kritiker befürchten, dass Israel damit eine De-Facto-Annexion palästinensischer Gebiete bezweckt.
Bislang wurden ca. 150 Kilometer fertig gestellt. Dabei wurden 36 palästinensische Siedlungen zerschnitten, 83000 Olivenbäume gefällt, 32 Brunnen annektiert und 35 Kilometer Wasserleitungen zerstört. Als Begleitmaßnahme zum Zaun errichtet Israel eine Nord-Süd-Verbindungsstraße, die von einem Sicherheitsstreifen begleitet wird.
International wird der Bau der Sperranlagen überwiegend scharf verurteilt. Auch die USA äußerten wiederholt ihre Besorgnis wegen der befürchteten negativen Auswirkungen auf den Friedensprozess im Nahen Osten.
Die Übersetzung des offiziellen hebräischen Ausdruckes lautet "Trennungszaun" bzw. "Sicherheitszaun" und "Randzone" für den Landstreifen in der unmittelbaren Nähe des Zaunes. Von israelischer Seite werden bevorzugt die Begriffe "Terrorabwehrzaun" oder "Anti-Terror-Zaun" genannt. Kritiker verwenden Ausdrücke wie "Ghetto-Mauer", "Apartheids-Mauer" oder "antipalästinensischer Schutzwall".
Table of contents |
2 Aufbau und Chronologie 3 Internationale und nationale rechtliche Aspekte 4 Weblinks |
Die Sperranlagen gehen auf einen Vorschlag des israelischen sozialdemokratischen Präsidentschaftskandidaten Amram Mizna zurück, der im Kontext der Selbstmordattentate unilaterale Maßnahmen zur Trennung von Israelis und Palästinensern vorgeschlagen hatte.
Der heutige Verlauf könnte einer künftigen Grenze eines souveränen Staat Palästina vorgreifen und entspricht nur noch an einigen Stellen dem heutigen Grenzverlauf.
Die israelische Regierung benennt als den Hauptgrund für den Bau, dass so Terroranschläge in israelischen Städten verhindert werden könnten, wie sie verstärkt seit dem Beginn der Al-Aqsa-Intifada vorkamen. Weil 99 % aller Anschläge vom Westjordanland aus ausgeführt werden und nicht vom bereits abgetrennten Gaza-Streifen, erhofft sich die Regierung eine Reduzierung der Anschläge. Als sekundäre Ziele werden illegale Einreiseversuche von Palästinensern, namentlich Migranten und Hehlern, genannt. Die Betonverstärkungen, die etwa 3% der gesamten Strecke ausmachen, dienen nach offiziellen Angaben als Schutz gegen Feuerüberfälle auf Autos und Menschen auf der israelischen Seite.
In der Nähe von Qalqiliya und Jerusalem besteht die Barriere aus einer bis zu acht Meter hohen Betonmauer. Der überwiegende Rest wird als einfacher Drahtzaun mit Sperrgebiet an beiden Seiten errichtet. In beiden Fällen existieren Beobachtungsposten und elektronische Sensoren. An von israelischen Soldaten bewachten Toranlagen kann der Zaun passiert werden.
Nach offiziellen Angaben beträgt die Länge der Anlagen 720 km (Stand vom Januar 2004). Seit dem November 2003 reichen sie in die nordwestlichen und westlichen Ecken des Westjordanlands hinein, manchmal nahe an der Waffenstillstandslinie von 1949 zwischen Israel und Jordanien, genannt "grüne Grenze", manchmal tief in palästinensisches Gebiet. An einigen Orten existieren darüber hinaus Zweitanlagen, die eine Reihe von Enklaven erschaffen, die fast vollständig von Barrieren umgeben sind. Es ist noch nicht geklärt, ob die israelische Regierung auch die östliche Seite der von Palästinensern bevölkerten Regionen abriegeln wird. Abhängig vom Grad dieser Entwicklung werden zwischen 6 % und 45 % der West-Bank abgeriegelt sein. Die geschätzten Kosten für den Bau belaufen sich auf 200 Millionen US-Dollar.
Im Oktober 2003 erklärte Israel die Region um die Anlagen und die "grüne Grenze" zum militärischen Sperrgebiet. Nichtsdestotrotz dürfen alle Israelis und Juden die Gebiete betreten. Palästinenser dürfen dies hingegen nur mit einer speziellen Erlaubnis, selbst wenn sie Einwohner einer der Dutzend Ortschaften dieser Region sind. Meistens lehnen die israelischen Behörden solche Anträge ab.
Bei Selbstmordattentaten, die vom Westjordanland ausgingen, wurden im vergangenen Jahr in Gebieten mit Zaun insgesamt 46 Menschen ermordet, 221 wurden verletzt. In Gebieten ohne Zaun waren es 89 Tote und 411 Verletzte. Im ersten Halbjahr 2004 (bis einschließlich Juni) wurden bei Selbstmordattentaten in Gebieten ohne Zaun 19 Menschen getötet und 102 wurden verletzt. In Gebieten mit Zaun starben in dem selben Zeitraum keine Menschen. (Quelle: Newsletter der Israelischen Botschaft in Berlin)Zielsetzung
Aufbau und Chronologie