Ingerenz
Ingerenz (lat ingerere [eine Gefahr] mit sich bringen) ist ein Verhalten, durch das eine Gefahr geschaffen wird und das zur Abwendung gerade dieser Gefahr verpflichtet. Die Ingerenz ist damit eine mögliche Begründung für das Bestehen einer Garantenpflicht.Die Gefahr bezieht sich dabei auf Rechtsgüter anderer, z.B. das Leben oder Vermögen. Die Verpflichtung zur Gefahrenabwehr entsteht nur, wenn die Gefahrschaffung pflichtwidrig (rechtswidrig) ist.
In der Rechtswissenschaft spielt der Begriff insbesondere im Strafrecht bei der Strafbarkeit wegen Unterlassens eine Rolle. Zur Strafbarkeit führt die Ingerenz jedoch nur, wenn sich die Gefahr auch tatsächlich verwirklicht (Ausnahme evtl. Gefährdungsdelikt) und zwischen der Gefahrschaffung und der Schädigung ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang besteht.
Häufig erschöpft sich die Ingerenz nicht in der Schaffung einer Gefahrenlage, sondern ist schon selbst eine Schädigung der Rechtsgüter eines anderen.
Beispiel:
Wer einen anderen fahrlässig verletzt, z.B. weil er sich beim Fahren über die Verkehrsregeln hinwegsetzt, muss dem Verletzten helfen, um sich nicht wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar zu machen. Dies trifft für jeden zu, der dem Verletzten helfen kann.
Für den Unfallverursacher gilt jedoch eine besondere Pflicht zur Gefahrenabwendung aus Ingerenz, weil er absichtlich gegen die Verkehrsregeln verstoßen hat. Stirbt der Verletzte, kann dies daher eine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen bedeuten.