Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V.
Die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e.V. war eine nationalsozialistische Forschungseinrichtung, deren primäre Aufgabe darin bestand, "wissenschaftliche" Belege für die Abstammung und Überlegenheit der sogenannten arischen Rasse zu finden. Die Institution wurde 1935 von Heinrich Himmler (Reichsführer SS), Richard Walther Darré (Reichsbauernführer und Leiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes) und dem niederländischen Privatgelehrten Herman Wirth als Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte gegründet.Im Vordergrund standen anfangs durchaus auch seriöse archäologische, anthropologische und geschichtliche Forschungen. Rasch aber nutzte der stark an okkulten Themen interessierte Himmler das Ahnenerbe als Forschungsapparat für eigene, pseudowissenschaftliche Projekte.
Table of contents |
2 Vorkriegszeit 3 Aktivitäten während des Krieges 4 Menschenversuche 5 Nürnberger Prozesse 6 Web-Links 7 Literatur |
Im Juni 1943 wählte der Anthropologe und SS-Hauptsturmführer Bruno Beger in Auschwitz jüdische Häftlinge, ließ sie ermorden und ihre Köpfe der Schädel- und Skelettsammlung von August Hirt an der Universität Straßburg zukommen.Verhältnis zu anderen Einrichtungen
Angesichts des Fokus auf germanische Geschichte und Vorgeschichte waren Konflikte mit anderen nationalsozialistischen "Forschungseinrichtungen" abzusehen. An erster Stelle wäre dabei das Amt Rosenberg zu nennen, dessen Leiter Alfred Rosenberg sich schon vor der Gründung des Ahnenerbes einen ideologischen Kleinkrieg mit Herman Wirth lieferte. Ein anderer Konkurrent war Karl Maria Wiligut, der Leiter des Amtes für Vor- und Frühgeschichte im Rasse und Siedlungshauptamt. Da Himmler ihn als eine Art persönliches Medium betrachtete, war das Ahnenerbe gezwungen, mit Wiligut zusammenzuarbeiten, dessen bizarre Gedankenwelt kaum einen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben konnte.Vorkriegszeit
1937 erfolgte eine Satzungsänderung, die zur Folge hatte, dass etliche Mitarbeiter des Rasse und Siedlungshauptamtes vom Ahnenerbe übernommen wurden und die vormals enge Zusammenarbeit endete. Außerdem nutzte man die Gelegenheit, um Wirth aus der Führungsebene des Vereins zu drängen. Dessen spekulative und skurrile Ideen standen im Widerspruch zu dem angestrebten Ideal echter Wissenschaftlichkeit. Unter der Leitung von Wolfram Sievers als Reichsgeschäftsführer und Walther Wüst als Präsident expandierte das Ahnenerbe beträchtlich. Es umfasste bald mehrere Dutzend Forschungsabteilungen. Hinzu kamen Fotolabore, ein Museum, eine Bildhauerwerkstatt sowie mehrere Bibliotheken und Archive in verschiedenen Städten, darunter München, Salzburg und Detmold. Die Finanzierung von Ausgrabungen und Expeditionen (u.a. die Tibetexpedition von Ernst Schäfer 1938) machte sich der Verein ebenso zur Aufgabe wie die Veranstaltung von Tagungen und Kongressen. Gleichzeitig versuchte man gemeinsam mit dem Sicherheitsdienst SD der SS Einfluss auf die offizielle Wissenschaftspolitik zu nehmen und die Besetzung von Lehrstühlen zu kontrollieren.Aktivitäten während des Krieges
Nach dem Ausbruch des 2. Weltkriegs änderte sich die Ausrichtung des Ahnenerbes. Der Raub von Kulturgütern in den besetzten Gebieten wurde maßgeblich von hauptamtlichen Mitarbeitern organisiert. 1940 verlor der Verein seine institutionelle Unabhängigkeit und wurde als Amt A in die Dienststelle Persönlicher Stab Reichsführer SS eingegliedert. In den "germanischen" Ländern Belgien, Dänemark, Niederlande und Norwegen warb man im Rahmen eines Germanischen Wissenschaftseinsatzes Freiwillige für die Waffen-SS. Parallel dazu versuchte man durch Projekte, die das vermeintlich gemeinsame germanische Erbe in den Mittelpunkt rückten, Autonomie- und Widerstandsbewegungen zu schwächen und stärker an das kommende Reich nach dem Krieg zu binden.Menschenversuche
Direkt an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war das Ahnenerbe ab 1942 durch die Unterstützung von wehrmedizinischen Menschenversuchen in den Konzentrationslagern Dachau und Natzweiler. Dort führten die Ärzte Sigmund Rascher und August Hirt Unterdruck- und Kälteexperimente durch. Etwa 80 Prozent der 200 Versuchspersonen starben in den Unterdruckkammern. Von den 300 Teilnehmern an den Unterkühlungsversuchen überlebte ein Drittel nicht.