Die Kunst der Fuge
Die Kunst der Fuge ist ein Variationenwerk von Johann Sebastian Bach (BWV 1080, um 1750 mit Vorarbeiten von 1740, Erstdruck 1751), bei dem anschaulich vermittelt werden sollte, "was möglicherweise über ein (einziges!) Fugenthema gemacht werden könne. Die Variationen, welche sämtlich vollständige Fugen über ein einerlei Thema (in derselben Tonart) sind, werden hier Contrapunkte genannt" (Johann Nikolaus Forkel,1802).Bach hat wahrscheinlich bei diesem "Kunstbuch" an einen (Tasteninstrumenten-) "Spieler gedacht, der spielt und sieht, sieht und hört" (Arnold Feil). Der kunstvollen kontrapunktischen Komplexität wegen hat der Komponist jede Stimme (alle vorkommenden Fugen, Doppelfugen, Spiegelfugen, ... sind höchstens vierstimmig) auf einem einzigen Notensystem ausgeschrieben, also in Partiturform, ohne weitere Angabe genauer Bezeichnung, und kommt so dem lesenden Studenten dieses Lehrwerks entgegen.
Um einer "strengen Eintönigkeit" (Arnold Feil) auszuweichen, die sich bei einer Wiedergabe auf dem weniger klangvariablen Cembalo einstellen kann, gibt es für Aufführungen Einrichtungen für andere Instrumente. So war zum Beispiel dem Leipziger Konzert im Sommer 1927 (Dirigent: Karl Straube) auf Veranlassung von Wolfgang Gräser, mit großem Orchester, Orgel und Cembalo) ein mehr als beeindruckender Erfolg beschieden; das "klingende Kunstwerk" sollte daraufhin immer wieder unter superlativer Etikettierung konzertant den Nur-Hörer für den "riesigen Fugenkosmos" motivieren.
Eine solch klingende Umsetzung des Notenmaterials bedingt indessen eine durchdachte Anordnung der letztlich 20 Stücke, denn dieses Lehrwerk von der Fuge hat in der Urschrift keine verbindliche Reihenfolge. Ob Bach sein Kunstwerk noch überarbeiten wollte, muss Spekulation bleiben, denn der Autor verstarb, noch bevor die Druckarbeiten abgeschlossen werden konnten. Als eine der vielen Möglichkeiten, Bachs "klanggewordene musikalische Wissenschaft" (Pablo Casals) lebendig werden zu lassen, sei mit der folgenden Realisation (Wolfgang Hofmann) genannt:
- 1. Contrapunctus 1 - Einfache Fuge (Orchester)
- 2. Contrapunctus 2 - Einfache Fuge (Orchester)
- 3. Contrapunctus 3 - Thema in der Umkehrung (Orgel)
- 4. Contrapunctus 4 - Thema in der Umkehrung (Orchester)
- 5. Contrapunctus 5 - Gegenfuge (Orchester)
- 6. Contrapunctus 6 - Fuge in stile francese (Orgel)
- 7. Contrapunctus 7 - 4-stimmige Fuge mit vergrößerten und verkleinerten Notenwerten (Orchester)
- 8. Contrapunctus 8 - 3-stimmige Tripelfuge (Orgel)
- 9. Contrapunctus 9 - Doppelfuge, Thema in der Duodezime (Orchester)
- 10. Contrapunctus 10 - Doppelfuge, Thema in der Dezime (Orgel)
- 11. Contrapunctus 11 - Tripelfuge, 4-stimmig (Orchester)
- 12. Canon alla Ottava - Canon in der Octave (Cembalo)
- 13. Canon alla duodecima - Canon in der Dezime (Chororgel)
- 14. Canon alla decima - Canon in der Dezime (Chororgel)
- 15. Canon per augmentationem - Canon in Vergrößerung und Umkehrung (Cembalo)
- 16. Fuga a 2 Clav. - Spiegelfuge (Orgel)
- 17. Alio modo.Fuga - Umkehrung (Orgel)
- 18. Contrapunctus 12 - Spiegelfuge (Orchester)
- 19. Contrapunctus 12 - Umkehrung (Umkehrung)
- 20. Fuga a 3 Sogetti - Unvollendete Quadrupelfuge (Orchester)
Daher kommt es, dass dieser Choral (mit dem Text:Vor deinen Thron tret' ich hiermit) als Finalstück gespielt wird und so den riesigen Torso abschließt.
Literatur