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Christian Dietrich

Christian Dietrich; von 1897 ? 1919 Leiter des nüchternen, kirchenfreundlichen schwäbischen Altpietismus und seine Einstellung zur Mission

Daten zur Lebensgeschichte

* 8.4.1844 in Gschwend bei Gaildorf ? 22.2.1919 in Stuttgart. 
Mit 8 Jahren zum Onkel Lehrer Christian Dietrich nach Hornberg an der Jagst. Wurde im 18. Lebensjahr mit klarer Entschiedenheit und voller Hingabe ein Jünger Jesu. Ab 1865 als Lehrer in die Hayersche Privat-Elementarschule in Stuttgart. Gründung 1865 des "Verein christlicher Lehrgehilfen", (ab 1870 "Verein evangelischer Lehrer in Württemberg" benannt). Ab 1897 Vorsitzender des Württembergischen Verbandes der altpietistischen Gemeinschaften, ab 1905 Leitung der Stuttgarter Gemeinschaft. Ab 1890 Geschäftsführer des "Deutschen Komitees für evangelische Gemeinschaftspflege", (1894 zum "Deutschen Komitee für Gemeinschaftspflege und Evangelisation" erweitert und Umbildung 1900 zum "Deutschen Philadelphiaverein")


Rektor Dietrich war ein Freund der äußeren Mission, obgleich seine Hauptaufgabe nicht auf dem Heidenmissionsfeld, sondern in der Heimat lag (1) so stellt Missionsdirektor Dipper von der Baslermission fest, als Christian Dietrich 1919 (? 22.2.1919) in Stuttgart starb. Die Wirkungsgeschichte des Lebens von Christian Dietrich wird im Wesentlichen deutlich in seiner Arbeit als Lehrer (zunächst Lehrer, dann von 1896-1917 Rektor am Evangelischen Töchterinstitut), als Vorsitzender des Württembergischen Verbandes der altpietistischen Gemeinschaften, als Schriftleiter des Philadelphiablattes (1891-1919), sowie in Familie und als Leiter der Stuttgarter Gemeinschaft.

Dietrichs Grundanliegen zur Mission Für D. war das primäre Anliegen die Gemeinschaftspflege. Die Gemeinschaft unter dem Wort Gottes war ergänzt durch gegenseitige Motivation zur Heiligung und auf sehnsuchtvolles Warten des Kommens von Jesus Christus ausgerichtet. Als Voraussetzung beachtete D. die Weitergabe der Frohen Botschaft an die Völkerwelt entsprechend Mt. 24,14 ?Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann wird das Ende kommen.? Für D. war diese Aufgabe insofern dringend, aufgrund der Ahnung, dass diese Endzeit nicht mehr fern sei. ?So war ihm die Mission keine ?offene Frage?, sondern eine selbstverständliche Angelegenheit und Aufgabe der Knechte, die auf den Herrn warten (2), erläutert Direktor Dipper. Die Liebe und der Einsatz für die Mission bedeutete für D. vor allem die Nähe zu ?derjenigen Mission, deren Väter württembergische Gemeinschaftsmänner gewesen sind, und deren Missionare zu einem guten Teil aus württembergischen Gemeinschaften hervorgegangen sind: die Basler Mission (3). Diese Förderung der Missionsarbeit hat sich im Umfeld der Gemeinschaftsarbeit von D. auch als fruchtbar gezeigt, so dass berichtet wird: "Die Jünglinge aus den (altpietistischen) Gemeinschaften melden sich nicht selten zum Missions- die Jungfrauen zum Diakonissendienst" (4,5)

Dietrichs Einsatz und Begegnungen zur Mission So öffnete er umfassend die Kontakte der Basler Misssion in die württembergischen Gemeinschaften hinein. In seinen Schriftauslegungen hat D. seinen Zuhörern die Mission am eigenen Volk wie an den anderen Völkern nahegebracht. Das Haus D. in der Rotebühlstraße war zusammen mit den weiteren zur Verwandtschaft gehörenden Familien Zimmermann und Irion besonders gastfrei. Für Dietrich ergaben sich viele Begegnungen mit Missionaren z. B. war Frederick Franson, Mitbegründer der China-Allianz-Mission (heute Allianz-Mission), auch bei Rektor Christian Dietrich in der altpietistischen Gemeinschaft zu Gast, als er in Stuttgart bei Allianzversammlungen in der bischöflich-methodistischen Kirche und in der Wesleyanischen und der Evangelischen Gemeinschaft predigte. (6) In den Jahren ab 1885 gab es in Stuttgart regelmäßig Versammlungen mit ?Evangelisten?, so 1885 und 1887 Otto Stockmayer, 1887 Elias Schrenk, ab da i.d. Regel alle 2 Jahre, 1888 Dr. Bädekeer, auch Rappard, Hudson Taylor, 1890 Georg Müller. D. war ein Förderer dieser Veranstaltungen; hier wurden Gaben für die Mission gesammelt (Seemannsmission, belgische Missionskirche, Graz, Wien etc.)

Kirchliche Fragen der Gegenwart Im Jahr 1887 schrieb D. eine Schrift, die ziemlich Aufsehen innerhalb der kirchlichen Kreise erregte, mit dem Titel ?Kirchliche Fragen der Gegenwart? (7) (105 Seiten). Darin bezeichnet er als Hauptnot der Kirche: den geistlichen Tod vieler ihrer Glieder. Gleichzeitig legt D. dabei nachdrücklich Wert darauf, alles zu vermeiden, was separatistische Tendenzen unterstützen könnte, um sich so besser den gegenwärtigen Nöten der Landeskirchen widmen zu können. In der Schrift plädiert D. für ?Außerordentliche Versammlungen?, dazu bestimmt, ?die Massen der toten und gleichgültigen Kirchenglieder aus ihrem Schlafe aufzurütteln". Als Beispiel für zielgerichtete Missionsarbeit führt er das System der katholischen innerkirchlichen Mission an. (8) Dietrich bezeichnet es als für den Protestantismus als beschämend, dass das System der "inneren Mission" zu einer Organisation für die Verteilung von "Allmosen" verengt wurde, anstatt die Menschen "zu einem lebendigen Glauben an den Herrn Jesum und zu einer gewissen Hoffnung des ewigen Lebens"(9) zu führen.

Die Schrift ist für den Leser unserer Zeit immer noch (wieder) aktuell, besonders wo D. die Not der volkskirchlichen Situation anspricht.

Auch während dieser Zeit wurden schon scharfe Auseinandersetzungen innerhalb des "erwecklichen" Lagers geführt. Das Blatt der Allianz schrieb 1909 vor allem in Bezug auf die Anliegen des kritischen Kirchentreuens (=Dietrich), der jedoch nicht das Lager zu den "methodistischen" Seiten wechselte: "Die Seele der altpietistischen Richtung ist ein sattsam bekannter, bis übers Ohr zugeknöpfter, extrem konservativer Himmelreichsbremßer, dessen Engherzigkeit an Rücksichtslosigkeit und verletzende Härte grenzt. Dieser Mann hat seinen kleinen Horizont der ganzen Richtung aufgeprägt und erhalten. Und trotz der freundlichsten und brüderlichsten Versuche, ihn auf einen anderen Standpunkt zu bringen, weicht der Mann nicht um Haaresbreite von seiner Einseitigkeit. Die Landeskirche ist ihm, trotz all ihrer Schäden, die gottgewollte Kirche, die er mit dem Altpietismus zu stützen und zu schützen sucht." (10) Dietrich antwortet darauf schriftlich, vor allem mit einer Erläuterung, dass er durch seine vielen Aufgaben innerhalb seines Berufs, der Gemeinschaftsarbeit innerhalb der Landeskirche und weiteren ehrenamtlichen Aufgaben, nicht auch noch auf Versammlungen der Allianz sprechen oder "Zeltmission treiben" könne. Dabei schlägt er vor, dass die beiden Lager nebeneinander als Brüder ihren jeweiligen Dienst versehen, und "einander helfen und trösten und uns miteinander freuen auf die Zeit, da eine Herde unter dem einen Hirten Jesus sein wird" (11)

Gnadau und Unterstützung zur Bildung von Gemeinschaften in Sachsen, Bayern, Österreich Dietrichs Anliegen war die Bildung von Gemeinschaftszusammenkünften in Württemberg. Dieser grundsätzlich innerkirchliche Standpunkt wurde in gleicher Weise von den Mitinitiatoren der ersten Gnadauer Pfingstkonferenz 1888 geteilt. Dies waren insbesondere Elias Schrenk, Jasper von Oertzen, Graf Pückler und eben auch Christian Dietrich. In dem Aufbruch zu gegenseitigen Beziehungen nach diesen Begegnungen in Gnadau wurde D. der erste Geschäftsführer des 1890 gegründeten ?Deutschen Komittees für Gemeinschaftspflege" (und Evangelisation ? ab 1894). Ab 1892 wurde Dietrich gerufen auch Gemeinschaftskonferenzen im Königreich Sachsen abzuhalten. Er unterstützte wesentlich die Arbeit zur Bildung des Brüderrates für landeskirchliche Gemeinschaftspflege 1899 und nutzte danach noch oft die Ferien um dorthin zu reisen. Ebenso weitete D. die Arbeit des Philadelphia Werkes nach Österreich aus, und unterstützte die Bildung von Gemeinschaften insbesondere in Graz.

Gemeinschaftspflege und Mission Unter der Leiterschaft von D. wurden verschiedene Gemeinschaftskurse abgehalten, so auch im Januar 1914 in Stuttgart. Die Referate sind veröffentlicht unter dem Titel? Heilsweg und Reichsplan. Eine Handreichung für Bibelforscher?. Neben anderen Vorträgen u.a. von D. ? Die Zukunftshoffnung der Christusgemeinde? sind ein Drittel der Referate Themen der Mission gewidmet, u.a. ?Geht es in unserer indischen Mission vorwärts? oder ?Wie befruchten sich Mission und Gemeinschaft gegenseitig?. Das christliche Erholungsheim Schönblick (eingeweiht 2. Juli 1916) als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Basler Mission und Altpietistischer Gemeinschaft wurde durch D. mitbegründet, die Aufbauarbeit vor allem durch Friedrich Braun, zuvor 12 Jahre Basler-Mission in Indien, geleitet.

Dietrich als engagierter Christ parallel zur beruflichen Aufgabe "Zeltmacher Als Lehrer und Rektor war D. vielfältig engagiert neben seinem Beruf durch Vereinsarbeit (Verein evangelischer Lehrer) und Publikationen (Philadelphiablatt) sowie weitreichenden persönlichen Beziehungen.

Dietrich und Familie Seiner Frau Lydia geb. Irion und ihm wurden zehn Kinder geschenkt; 3 Söhne und 7 Töchter. Obwohl die älteste Tochter Amalie berichtet: "Oft war es ihm fast unmöglich, Zeit und Kraft zu all seinen Pflichten und Aufgaben zu gewinnen" scheint er dennoch sorgsam für das Wohl seiner Familie gesorgt zu haben.


Fußnoten:
(1) Ansprache von Missionsdirektor Dipper der Basler Mission an der Beerdigung von D.; veröffentlicht: Grabrede und Ansprachen Zur Erinnerung an Christian Dietrich. Stuttgart: Philadelphia-Verein, 1919, S.16
(2) a.a.O. S.17
(3) Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band XVII (2000) Sp. 3000-3001
(4) Brockes, Dietrich. Die Privaterbauungsgemeinschaften innerhalb der ev. Kirchen Dtld.s , 1903, S 235
(5) Dies ist für württembergische Gemeinschaftsarbeit nicht unbedingt typisch ? über die Hahnsche Gemeinschaft wird berichtet: "Selten aber geschieht es, dass Jünglinge aus den Hahnschen Gemeinschaften selbst in den Dienst der Inneren oder Äußeren Mission gehen. Man behält sie lieber in der Gemeinschaft, glaubt sie da besser verwahrt und möchte ihre Dienste später innerhalb der Gemeinschaft gebrauchen.
(6) Der Stil Fransons war dabei teilweise sehr umstritten.
(7) Dietrich, Christian. Kirchliche Fragen der Gegenwart Kassel: Röttger, 1887
(8) 6-15 Tage in einer Pfarrei unter Einladung der umliegenden Gemeinden i.d.R. 3 Vorträge täglich zu den Glaubensgrundlagen, durch auswärtige Geistliche abgehalten. (Ähnliche Initiativen werden auch heute noch durchgeführt, wie ich gerade in meiner früheren Heimat in Oberschwaben beobachte)
(9) Dietrich a.a.O. S. 60
(10) Dietrich a.a.O. S.96
(11) Dietrich a.a.O. S.96 S 150
(12) Schmid, Gotthold. Von Kraft zu Kraft, S. 134


Literatur 
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Band I (1990) Spalten 1300 -1301 ===>
Dietrich, Christian. 
Kirchliche Fragen der Gegenwart : ein Laienwort. Kassel:Röttger, 1887 [OKR A 10/ 4370 ]

Dietrich, Christian. Vom Wachstum des inneren Lebens Fünf nachgeschriebene Vorträge. Stuttgart: Kommissionsverlag der Buchhandlung des Deutschen Philadelphiavereins, 1913 [Apis D9]

Grabrede und Ansprachen Zur Erinnerung an Christian Dietrich. Stuttgart: Philadelphia-Verein, 1919 [OKR F9/63]

Heilsweg und Reichsplan. Eine Handreichung für Bibelleser. Referate des Gemeinschaftskurses 12. ? 24. Januar 1914 in Stuttgart. Stuttgart: Vlg. d. Buchhandlung des Deutschen Philadelphia Vereines, 1914 [Apis C7]

Jehle, Christian Dietrich., in: Württembergischer Nekrolog f.d. Jahre 1919 u. 1919 Hrg. Karl Weller u. Viktor Ernst.

Modersohn, Ernst. Menschen, durch die ich gesegnet wurde. Wuppertal: R.Brockhaus, 1963. (165-169) [OKR A7 5996]

Sauberzweig, Hans von. Rektor Dietrich in: Er der Meister wir die Brüder. Offenbach: Gnadauer Verlag 1959 (113-122)

Schmid, Gotthold. Von Kraft zu Kraft: Rektor Dietrichs Lebensgang und Lebenswerk. Stuttgart: Vlg. der Buchhandlung des Deutschen Philadelphia-Vereins, 1919 [OKR 2311]

[] Standort Bibliothek in eckigen Klammern
OKR= Oberkirchenrat Stuttgart
Apis= Altpietistischer Gemeinschaftsverband Stuttgart Altpietistischer Gemeinschaftsverband Stuttgart

-- 20:48, 5. Mär 2004 (CET)

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