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burschensprache

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Burschensprache

Table of contents
1 Die Standessprache des deutschen Studenten
2 Die Standessprache
3 Quellen
4 Weblinks

Die Standessprache des deutschen Studenten

Die deutsche Sprache ist über die Jahrhunderte zu einer der wortreichsten Sprachen der Welt angewachsen. Neben den zahlreichen Dialekten schöpft sie auch aus dem Fundus der Standes- und Gruppensprachen (Soziolekte) ? etwa der Berufssprachen der Seeleute und Fischer, der Kaufleute und Händler, der Handwerker und Soldaten, der Bauern und Jäger sowie der Studenten.

Der deutsche Student hob sich in der Vergangenheit nicht nur durch sein Erscheinungsbild, sein Auftreten, seine Ideale und seine Lebensziele von der bürgerlichen Welt ab, sondern ganz besonders durch seine Sprache. Die Standardsprache des deutschen Studenten, sie hieß durch das 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhundert auch Burschensprache, weist kaum regionale Besonderheiten auf, auch wenn die Kastensprache der zechfreudigen und rauflustigen Studenten der drei Universitäten Gießen, Halle (Saale) und Jena als bestimmend galt. Die Hochschulen dieser Zeit waren in einem ständigen Informationsaustausch, daher mussten auch alle in einer einheitlich verständlichen Sprache miteinander reden. Da die Sprache nicht lokal gewachsen war, sondern sich auf den ganzen deutschen Raum ausdehnte, war sie auch allgemein verständlich. Die Burschensprache verband alle deutschen Studenten miteinander.

Andererseits stellte Friedrich Laukhard bereits im Jahre 1800 fest, daß die Gießener Burschensprache ein Deutsch ist, das ein Deutscher so wenig versteht wie Arabisch. Daran lässt sich bereits erkennen, wie schwer verständlich die burschikose Ausdrucksweise der Studenten für Außenstehende war.

Johannes Meiner sprach über das Phänomen Studentensprache wie folgt: Die eigene, nur ihnen gehörige und von ihnen gebrauchte Studentensprache, eine Art Geheimsprache, entstammt von Anfang an verschiedenen Quellen, und die allgemeine kulturelle Entwicklung hat dann auch im Sprachgut ihre deutlichen und unauslöschlichen Spuren hinterlassen.

Die Studentensprache umfasst das ganze Studentenleben in all seinen Formen und Äußerungen. Ihr vielseitiger und reichhaltiger Wortschatz ist in den großen allgemeinen deutschen Wörterbüchern niemals vollständig erfasst worden, denn dazu ist die Menge »burschikoser« Wortbildungen zu groß.

Die ersten studentensprachlichen Wörterbücher sind schon früh entstanden, so das Handlexikon des Salamasius um die Mitte des 18. Jahrhunderts, 1781 ein Wörterbuch von Christian Wilhelm Kindleben und 1795 ein weiteres von Christian Friedrich Augustin. Das Burschicose Wörterbuch des Schweizers Johann Grässli ? es erschien unter dem Pseudonym J. Vollmann ? unterschied sich von diesen Lexika durch seine lebendige und anschauliche Schilderung des Studentenlebens.

Die Wörter der studentischen Standardsprache ? sie entstammen größtenteils von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ? unterliegen ebenso wie studentische Redensarten im Laufe der Zeit auch einem Bedeutungswandel.

Die Blütezeit der deutschen Burschensprache ist das 18. Jahrhundert, als die deutsche Muttersprache das Latein an den Hohen Schulen allmählich verdrängte. Damals bestimmte der Student mit seinem Erscheinungsbild, mit seinen Sitten nicht nur das Leben in den kleinen Universitätsstädten, seine Sprache und ihr Wortschatz beherrschte auch den Verkehr mit den Bürgern. Ebenso stand die Sprache der Pennäler unter dem Einfluss der Hochschule und ihrer Sondersprache. Der deutsche Student trug seine Burschensprache aber auch in seine Heimat, er nahm sie auf seinem weiteren Lebensweg mit.

Die Standessprache

Die Standardsprache des deutschen Studenten früherer Jahrhunderte, insbesondere des 16. und 17. Jahrhunderts sowie des beginnenden 18. Jahrhunderts, war von griechischen und vor allem lateinischen Sprachelementen viel stärker durchsetzt als die Sprache des Hochschülers von heute. Das Latein, die universelle Sprache der Wissenschaft, bestimmte die Lehre und das Leben an den deutschen Hohen Schulen, aber nicht minder die Redeweise des redlichen und herzhaften Burschen.

Teutonisare, deutsch sprechen, war verpönt und stand sogar unter Strafe! Der Student übernahm lateinische Wörter unverändert in seinen Wortschatz ? und wendete sie u.a. in der Bezeichnung der Chargen und im traditionellen studentischen Liedgut an.

Der Student streift schließlich jeden Regelzwang ab, er mischt ohne Hemmung lateinische, griechische und deutsche Sprachelemente und versetzt deutsche Wörter mit lateinischen Endungen. Als das bekannteste sei der in der Umgangssprache gebräuchliche Ausdruck Bursche erwähnt, das Wort leitet sich von Bursariur, dem Bewohner einer Burse, ab. Das lat. bursa (urspr. Tasche, Beutel, Börse) wandelte seine Bedeutung zu gemeinschaftlicher Kasse, davon abgeleitet ist der Ausdruck die Burse, einer Gemeinschaft, die aus einer gemeinsamen Kasse lebt, und des weiteren die Burse, das gemeinschaftliche Wohnheim von Hochschullehrern und ihren Schülern. Die Gesamtheit der Bewohner einer Burse, den Bursanten oder die Bursgesellen (Bursale, auch Bursalis, Bursgesell und Bursenknecht) wurde auch als die Bursch bezeichnet ? und erst allmählich ist dieser Ausdruck auf den einzelnen Bewohner übertragen worden. Im 17. Jahrhundert tritt neuerlich ein Bedeutungswandel ein: Der Bursch ist ein Synonym für Student, eine Bedeutungsverengung im 18. Jahrhundert macht daraus ein Vollmitglied einer Studentenverbindung. In Süddeutschland und Österreich erfuhr der Begriff dagegen eine Weitung und bezeichnet jeden jungen Mann.

Vom lat. Adjektiv crassus (dick, weitgehend), wurde im 18. Jahrhundert krass übernommen, wobei die Vermischung mit nhd. graß ? heute noch gebräuchlich in gräßlich ? eingetreten ist, so dass die studentensprachliche Benennung ?ein krasser Fux? einen jungen Studenten ohne Lebensart meint.

Der Burschensprache des 17. Jahrhunderts entstammt fidel, von lat. fidus (treu, zuverlässig) abgeleitet. Einen Bedeutungswandel machte aus einem fidelen Burschen ? in der Studentensprache etwas gröber auch als fideler Knochen angesprochen ? einen Bruder Liederlich, einen lockeren Gesellen; heute hat das einstige Wort der Burschensprache die harmlose Bedeutung von heiter, lustig angenommen.

Typische Wortbildungen der studentischen Standessprache sind Exkneipe, Conkneipant. Als ebenso echt studentische Wortschöpfungen sind anzusprechen: Spiritus Kornus für Branntwein, Dickus für einen beleibten Menschen, Politikus für einen Schlaukopf; gleichwertig gelten aber auch Pfiffikus und Luftikus, - ebenso Schwachmathikus oder Schlechtikus.

Als Bacchanten wurden in studentischen Kreisen im 16. und 17. Jahrhundert die Neulinge an den Hohen Schulen bezeichnet. Ähnliche Wörter der Burschensprache auf ?ant sind Erzstapulant, Lyrant, Schnurrant oder Paukant.

Der französische Einfluss auf die studentische Standessprache ist nicht minder bedeutsam als der des lange vorherrschenden Lateins.

Um 1700 regt sich ein neuer Geist an den deutschen Hohen Schulen. So verdrängt Professor Christian Thomasius in Halle das Latein aus den Hörsälen und liest als Erster in der deutschen Hochschulgeschichte in seiner deutschen Muttersprache.

Andererseits übt das Französische im Zeitalter Ludwigs XIV. nachhaltigen Einfluss auf das gesamte Kulturleben, somit auch auf die Sprache und das Schrifttum im deutschen Sprachraum aus.

Der französische Einfluss zeigt sich in der Burschensprache im Wortschatz, wie auch in der Wortbildung. In der Standessprache des deutschen Studenten dringen ? wie in der Sprache des Gebildeten von damals auch ? französische Wörter ein und ersetzen deutsche.

Als die geläufigsten Beispiele, sie sind als deutsche Termini noch heute gebräuchlich, gelten: das Couleur (franz. Farbe)

  • Die Farben einer Studentenverbindung, durch Begriffserweiterungen:
  • Eine farbentragende Verbindung: Zu welcher Couleur gehört er?

Couleur tragen, die Farben der Studentenverbindung im Band, in der Mütze, im Bier-, Wein oder Sektzipfel zeigen, als häufig gebrauchte Wortzusammensetzungen seien hier erwähnt: Couleurbruder, Couleurbummel, Couleurdame, Couleurdiener, Couleurkarte, Couleurstudent, couleurfähig.

Andererseits kommt es zu neuen Wortbildungen ? z.T. von franz. Wörtern abgeleitet ? mit franz. Endungen, z.B. auf ?ier: Daneben steht die burschikose Wortbildung auf ?age:

Des weiteren sind auch weitere burleske Wortbildungen bezeugt: luderös, pechös, malitiös, philiströs, schauderös, schmissös.

Auch der Einfluss des Hebräischem, des Jiddischen und das Rotwelschen auf die Burschensprache ist nicht zu übersehen. Das Umherziehen der fahrenden Scholaren, der Bettelstudenten des Spätmittelalters bringt sie in Verbindung mit Händlern und Schaustellern, aber auch Gaunern. Das schlägt sich in ihrer Sprache nieder, besonders, wenn es sich um Ausdrücke des Geldwesens oder der Betrügereien handelt. Auch der Einfluss des Hebräischen, des Jiddischen und des Rotwelschen auf die Burschensprache sind nicht zu übersehen.

Der Einfluss deutscher Mundarten auf die Studentensprache ist gering ? gemessen an dem Einwirken fremder Sprachen auf sie. Das bekannteste Beispiel ist das Wort Fink; es stammt ursprünglich aus dem Niederdeutschen und bezeichnete ursprünglich einen leichtlebigen, leichtsinnigen Jüngling, später dann einen Nichtkorporierten.

Darüber hinaus nahm auch das Mittelhochdeutsche seinen Einfluss auf die Studentensprache.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Entlehnung von Begriffen aus anderen deutschen Gruppen- und Berufssprachen. Neben fremdsprachigen Einflüssen wirkt auch die Volkssprache der Universitätsstädte auf die Studentensprache ein. Sie entlehnt nicht nur Ausdrücke des Gemeindeutsch und formt sie um, sondern bedient sich ebenso der Umgangssprache und im besonderen anderer Sondersprachen.

Der deutsche Student der früheren Jahrhunderte hob sich von seiner bürgerlichen Umwelt nicht nur durch seine Kastensprache ab, sondern ganz besonders durch sein äußeres Erscheinungsbild. In seiner studentischen Tracht, dem modischen Einfluss der Zeit unterworfen, unterschied er sich auffällig von der anspruchslosen Kleidung des Bürgers. Erst unserem Jahrhundert ist es vorbehalten, über die studentische Standestracht hinweg zu schreiten; sie wird nur noch von den Couleurstudenten unserer Tage getragen. Sie findet selbstverständlich ihren sprachlichen Niederschlag in einer Nomenklatur besonderer Art.

Besonders reich ist die Burschensprache an bildhaften Vergleichen, auch wenn einige heute davon nicht mehr verwendet werden. Trotzdem sprechen einige sehr für sich.

Darüber hinaus entwickelten sich auch grob ausgefallene, bildhafte Vergleiche in der Burschensprache.

Es darf behauptet werden, dem freien deutschen Studenten gelinge es vortrefflich, Bereiche seines Lebens mit knappen sprachlichen Mitteln abzudecken, einprägsame Wirkung zu erzielen und ihr anschauliche Lebendigkeit zu verleihen. Sicherlich ist so manches kräftige Wort dem Zufall, so manches komische Wortgebilde dem jugendlichen Übermut eines flotten Burschen entsprungen, was die Farbigkeit und den Einfallsreichtum der deutschen Studentensprache auszeichnet. Aus dem reichen Schatz der Burschensprache ? wie aus dem anderer deutscher Standessprachen und Berufssprachen auch ? sind viele Wörter und Redewendungen in die Umgangssprache eingegangen; einige hat sogar die allgemeine Literatursprache aufgenommen.

Gerade einige markante, aussagekräftige Hauptwörter der Burschensprache leben in der Umgangssprache weiter.

Als besonders einprägsam erweisen sich auch Redewendungen, die heute gedankenlos verwendet werden. Ihre unaufdringliche, starke Unmittelbarkeit lässt sich aber heute noch erspüren. In den bildhaften Vergleichen bricht übermütiger, mitunter spröder Humor durch, der manchmal zur Satire, manchmal zu grotesker Komik neigt. Folgende Beispiele sprechen für eine reiche Fülle studentischer Redewendungen, die in der Volkssprache weiterleben.

Quellen

  • Golücke, Friedhelm: Studentenwörterbuch, Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte, Würzburg 1987
  • Kindleben, Christian Wilhelm: Studenten ? Lexicon; Halle 1781
  • Krause, Peter: O alte Burschenherrlichkeit, Graz 1979
  • Richwein, Gerhard: Student sein, Gesellschaft für deutsche Studentengeschichte, Würzburg 1998
  • Fick, R.: Auf Deutschlands hohen Schulen, Verlag Ludwig Thiola, Berlin 1900
  • Ssymank, Paul: Das deutsche Studententum, Verlag für Hochschulkunde, München 1932

Weblinks

  • http://www.cousin.de/cousin/

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