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atomreaktor

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Atomreaktor

Ein Atomreaktor oder Kernreaktor ist eine Maschine, in der eine Kernreaktion kontinuierlich abläuft. Weltweit verbreitet sind Atomreaktoren, die durch die Spaltung von Uran oder Plutonium zunächst Wärme und daraus elektrische Energie gewinnen. Eine weitere Art von Atomreaktor ist der im Experimentierstadium befindliche Kernfusionsreaktor, der wie die Sonne, aus der Verschmelzung (Fusion) von Wasserstoffkernen Energie gewinnt.

Table of contents
1 Kernspaltungsreaktor
2 Sicherheit und Politik
3 Orte mit Atomreaktoren
4 Bekannte Nuklearunfälle
5 weitere Informationen

Kernspaltungsreaktor

Funktionsprinzip

Fängt ein Atomkern des Uranisotops 235U oder ein Plutoniumkern des Isotops 239Pu ein Neutron ein, so gerät der Kern wie ein Wassertropfen in Schwingungen und zerfällt in zwei meist ungleiche Bruchstücke (Massenverhältniss etwa 2:3). Darüberhinaus werden bei jeder einzelnen Spaltung zwei bis drei weitere Neutronen frei.

Die neu entstandenen Kerne mittlerer Masse haben eine größere Bindungsenergie als der schwere Uran- oder Plutoniumkern, sind also stabiler. Die Differenz der Bindungsenergien wird in kinetische Energie der Zerfallsprodukte umgewandelt und kann als Wärme genutzt werden.

Der Einfangquerschnitt z.B. des 235U-Isotops für ein Neutron nimmt mit der Energie oder Geschwindigkeit des Neutrons ab, d.h. je schneller das Neutron ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es von einem U235-Kern eingefangen wird. Daher bremst man in einem Atomreaktor die Neutronen durch Einsatz eines Moderators ab. Ein Moderator ist ein Material wie Graphit, schweres oder normales Wasser, das viele Atomkerne enthält, die nicht sehr viel schwerer als ein Neutron sind, und das einen sehr niedrigen Einfangquerschnitt für Neutronen hat. Die erste Eigenschaft führt dazu, dass die Neutronen durch Stöße mit diesen Atomkernen abgebremst werden. Die zweite Eigenschaft hat zur Folge, dass die Neutronen der Kettenreaktion weiter zur Verfügung stehen.

Materialien mit einem hohen Einfangquerschnitt für Neutronen werden eingesetzt, um die Kettenreaktion zu regeln. Beispiele für solche Materialien sind Cadmium und Bor, aus diesen werden die Regelstäbe gefertigt. Durch das Herausziehen und Hineinfahren der Regelstäbe wird der Reaktor so geregelt, dass im Durchschitt genau eines der freiwerdenden Neutronen einer Kernspaltung eine weitere Kernspaltung auslöst. Einen Reaktor in diesem Zustand bezeichnet man als kritisch. Ein kritischer Reaktor gibt eine konstante Leistung ab, in einem unterkritischenen Reaktor kommt die Kettenreaktion zum Erliegen.

In einem überkritischenen Reaktor nimmt die Leistung und die Neutronenstrahlung ständig zu, bis entweder die Bedingungen keine weitere Kernspaltung mehr erlauben oder der ganze Kernbrennstoff verbraucht ist. Gerät ein Reaktor in den überkritischen Zustand, ist immer höchste Gefahr gegeben. Im glücklichsten Fall steigt der Neutronenfluss und die Temperatur abrupt an, Moderatoren wie z.B. Wasser verlieren zum Teil ihre moderierenden Eigenschaften und der Reaktor wird unterkritisch. Insbesondere Graphit verliert aber bei Hitze seine moderierenden Eigenschaften nicht.

Kommt die Kettenreaktion in einem überkritischen Reaktor nicht zum Erliegen, kommt es binnnen Sekunden zur Überhitzung und Zerstörung des Reaktors, da die Aktivität exponentiell weiter ansteigt. Schlagartig verdampfende Flüssigkeiten und Metalle können dabei eine Explosion des Reaktors bewirken, wie in der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl geschehen.

Kommt die Kernreaktion zum Erliegen, wird durch den radioaktiven Zerfall von Spaltprodukten jedoch weiterhin Wärme produziert. Wird diese Restwärme nicht durch das Kühlsystem oder Notkühlsystem abgeführt, kommt es durch die steigenden Temperaturen zu einer Kernschmelze, bei der die Strukturen des Reaktorkerns schmelzen. In der Schmelze läuft die Kettenreaktion unter Umständen wieder an und erzeugt dadurch weitere Hitze. Aber auch ohne Rekritikalität wird der Fall der Kernschmelze als größter anzunehmender Unfall, kurz als GAU bezeichnet. Bei einem GAU ist davon auszugehen, dass über Überdruckventile oder andere Leitungen radioaktive Stoffe in die Umwelt entweichen. Hält das Reaktorgebäude nicht stand, tritt eine sehr große Menge radioaktiver Stoffe aus, was auch als Super-GAU bezeichnet wird.

Siehe auch: Kernspaltung

Reaktortypen

Reaktoren werden nach der Art der Moderation und der Bauweise unterteilt.

Mit normalem Wasser moderierte Reaktionen finden im Leichtwasserreaktor statt, der als Siedewasserreaktor oder Druckwasserreaktor ausgelegt sein kann. Eine Weiterentwicklung des Druckwasserreaktors ist der European Pressurized Water Reactor (EPR). Leichtwasserreaktoren benötigen angereichtertes Uran als Brennstoff.

Mit schwerem Wasser moderierte Schwerwasserreaktoren erfordern eine große Menge des teuren schweren Wassers, können aber mit natürlichem, d.h. nicht angereichertem Uran, betrieben werden.

Ein Hochtemperaturreaktor (auch Kugelhaufenreaktor) nutzt Kohlenstoff (in Form von Graphit) als Moderator.

Daneben gibt es Brutreaktoren (Schnelle Brüter), in denen 238U in 239Pu umgewandelt wird. Brutreaktoren arbeiten mit schnellen Neutronen, und verwenden Natrium als Kühlmittel.

Eine Besonderheit stellt der Naturreaktor in Oklo dar.

Derzeit wird weltweit aktiv an neuen Reaktorkonzepten gearbeitet, insbesondere mit Blick auf den erwarteten wachsenden Energiebedarf.

Sicherheit und Politik

Das von Kernreaktoren ausgehende Gefahrenpotential sowie die bislang ungelöste Frage der Lagerung der anfallenden radioaktiven Abfälle haben nach Jahren der Euphorie seit den 70 Jahren des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern zu Protesten von Atomkraftgegnern und einer Neubewertung der Kernkraft geführt. Während in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts allgemein der Ausstieg aus der Kernkraft propagiert wurde, findet in vielen Ländern momentan ein Umdenken statt. Gründe sind neben den hohen Kosten für regenerative Energiequellen und fossile Energieträger die Versorgungsunsicherheit bei Öl und Gas. Daneben stellt die inzwischen durch internationale Verträge gesicherte Reduktion des CO2-Austosses ein weiteres Hindernis für fossile Energieträger dar. Diesen Problem klassischer Energieträger steht ein wachsender Energiebedarf gegenüber durch aufstrebende Volkswirtschaften wie China.

Aus diesen Gründen entschlossen sich einige europäische Staaten, wieder in die Atomkraft zu investieren. So bauen derzeit der deutsche Konzern Siemens und die französische Gruppe Areva einen Druckwasserreaktor vom Typ EPR im finnischen Olkiluoto; er soll 2009 ans Netz gehen. Russland will seine alten und teilweise maroden Kernkraftwerke erneuern und für mindestens 10 jahre pro Jahr einen neuen Reaktorbau beginnen. In Frankreich wird ebenfalls über den Neubau eines Reaktors verhandelt, als Termin für die Fertigstellung wird das jahr 2010 genannt. Schweden stoppte seine Pläne zum Atomausstieg. Daneben gibt es kleinere und größere Neubauprojekte in Iran, China, Nordkorea, und anderen Staaten.

Orte mit Atomreaktoren

  • Liste der Kernkraftanlagen
  • Liste der Kernkraftwerke in Deutschland
  • Liste der Kernreaktoren in Österreich

Bekannte Nuklearunfälle

  • 29. September 1957 Mayak im Russischen Ural
  • 8. Oktober 1957 in Sellafield (früher Windscale) in Vereinigtes Königreich
  • 28. März 1979 Three Mile Island bei Harrisburg, Pennsylvania, USA
  • 26. April 1986 Tschernobyl, Ukraine

Siehe auch: Reaktorphysik, Kernkraftwerk, Liste der nuklearen Unfälle

weitere Informationen

Basiswissen zur Kernenergie

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