Kategorie

A B C D E
F G H I J
K L M N O
P Q R S T
U V W X Y
Z 0      

atlas shrugged

aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am
an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az

Atlas shrugged

Atlas Shrugged (deutsch: Atlas wirft die Welt ab oder Wer ist John Galt ?) ist ein Roman von Ayn Rand

Inhalt

Ausgabe: Ayn Rand, Wer ist John Galt ?; Hamburg (Gewis) 1957

Rands Wer ist John Galt ist ein suggestiv angelegter Roman, der in der industriellen Pionierzeit der USA, vor der Kulisse von Eisenbahn-Linien und Bohrtürmen, Stahlkochern und Kupfermienen spielt. Die Protagonistin des Romans, Dagny Taggart, ist dementsprechend die Erbin einer grossen Eisenbahnlinie. Sie verkörpert den amerikanischen Pioniergeist, den auf sich selbst und die eigene Tatkraft fußenden Individualismus:

»Sie saß mit zurückgeworfenem Kopf am Zugfenster. [...]. Ihr Gesicht war streng. Ihren sinnlichen Mund mit seinen scharfen Konturen hielt sie fest geschlossen. Ihre Hände steckten in den Manteltaschen. In ihrer Haltung drückte sich eine Untätigkeit hassende Spannung aus [...]« (17).
Dagnys Bruder James Taggart hingegen, der die ererbte Unternehmung leitet, ist hierzu im Gegensatz als ebenso dekadenter wie entscheidungsunfähiger Antitypus entworfen:
»James Taggart [...] sah wie ein Mann um die Fünfzig aus, der, ohne je jung gewesen zu sein, vom Kind gleich zum alten Mann geworden war. Er hatte schmale, heruntergezogene Lippen und dünnes, auf einer Halbglatze klebendes Haar. Seine Haltung war schlaff und von einer jede Bewegung erfassenden Nachlässigkeit [...] Er wirkte wie ein dümmlicher Flegel. Seine Haut war blass und weich. Seine Augen farblos und verhangen [...]« (11)
Die in ihrer bis in die Beschreibung physischer Merkmale hinein reichende klischeierte Kontrastierung der Figuren liefert eine Polarisierung von good guys (Schaffenden, Leistungswilligen etc.) zu bad guys (Schmarotzenden, Arglistigen etc.), die nicht nur über die Länge des Romanes erhalten bleibt, sondern dessen Inhalt aus maßgeblich bestimmt. So werden die Gewerkschaften zu institutionalisiertem Parasitentum, wenn Rearden (s.u.) sagt: »Wir sind fähig zu handeln; sie nicht. Darum werden wir schliesslich siegen, ganz gleich, was sie uns antun.« (491).

Auch, wenn durch die Heldin bestimmt Rands Roman eine bis in die Gegenwart reichende ambivalente Rezeption innerhalb der amerikanischen Frauenbewegung evozierte, gerät die story doch zu einer klischeierten Liebesgeschichte, wenn mit Hank Rearden ein weiterer bis zur Selbstaufgabe seinem unternehmerischen Ziel verpflichteter Pionier eingeführt wird, der dann die selbstbewusste Dagny sogar zum Erröten zu bringen vermag (vgl. 168). Während dies auf die Heldin als sexueller stimulans wirkt, bleibt Hank auch hier der ratio verpflichtet, entlarvt seine Begierde als »seelenlosen, körperlichen Trieb« und lehnt »[?] sich gegen den Gedanken auf, dass sein Fleisch frei wählen konnte und diese Wahl über seinen Willen triumphierte« (172).

Würdigung

Dass die Phrase »Wer ist John Galt?«, die leitmotivisch den Roman durchzieht und (schließlich auch die Existenz der besagten Figur enthüllend) für Passivität und Mittelmäßigkeit steht, neuerdings im Deutschen als Romantitel gewählt wurde, ist insofern instruktiv, als diese Frage das ausseramerikanische Desinteresse an einem literarisch wenig ergiebigen Werk verdeutlicht. Rands Roman ist deutlichste Ausprägung und gleichzeitig den Mythos in aller Härte desavouierendes Gegenstück des in die Hände spuckenden Pioniergedankens, des an einem Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär allein durch Tatkraft phantasierend entlang konstruierten Glücksmodells. Kritik am Kapitalismus wird hier unmöglich, wird selbst zu einer amoralischen Tat. Die Skrupel eines Scrooge dürften unverständlich, wenn nicht abstoßend erscheinen auf der Folie Randschen Gedankengutes. Denn die ungebundene Tatkraft, die Unkonventionalität, der Kapitalismus ist letzlich gleichbedeutend mit der Freiheit.

Impressum

Datenschutzerklärung