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atavismus

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Atavismus

Der Begriff Atavismus (v. lat.: atavus Urahn) bezeichnet

1. ein bei einzelnen Individuen einer Art auftretendes anatomischeses oder morphologischeses Merkmal, das Merkmalsausprägungen entspricht, wie sie sonst nur bei deren stammesgeschichtlichen Vorfahren vorkamen. Man deutete den Atavismus, ausgehend von der veralteten sog. Biogenetische Grundregel, als Rückfall in eine stammesgeschichtlich ältere Entwicklungsstufe. Das Wiederauftauchen solcher im Laufe der Evolution aufgrund von Funktionsverlust zurückgebildeten Merkmale erklärt man durch Mutation oder durch eine Störung in der Embryonalentwicklung. Auch durch Kreuzung nahe verwandter Arten können Atavismen hervorgerufen werden.

Beispiele

Bei Huftieren entstehen gelegentlich überzählige Zehen, so genannte Griffelbeine. Bei Menschen können entlang der Milchleiste zusätzliche Brustwarzen ausgebildet werden. Auch eine starke Behaarung oder die Bildung eines Schwanzknochen können dazu gezählt werden. Bei Kakteen tauchen ab und zu Exemplare auf, die an einigen Stellen "normale" Blätter anstelle von Dornen aufweisen. Bei der Fruchtfliege Drosophila kennt man Individuen, bei denen die Schwingkölbchen zu häutigen Hinterflügeln umgebildet sind. In all diesen Fällen scheinen Gene, die bei den Vorfahren aktiv waren, später "eingemottet" wurden, aber ganz offensichtlich noch im Erbgut der betreffenden Organismen "schlummerten", wieder reaktiviert worden zu sein.

2. (i.w.S.) ein entwicklungsgeschichtlich als überholt geltendes, unvermittelt wieder auftretendes, körperliches oder geistig-seelisches Merkmal.

3. in der Geschichtsauffassung und in soziologisch-kulturgeschichtlichen Theorien Zusammenhänge, die als Rückfall in vergangene gesellschaftliche Verhältnisse erscheinen.

Wenn alte Vorurteile, Unwissen und Autoritätsglauben herrschen, so bestehe ein gesellschaftlicher Atavismus. Als Atavismus bezeichnet man überholte Regierungsformen gleichermaßen wie Erscheinungen gesellschaftlicher Entwicklung, die formal Merkmale vergangener Entwicklungsetappen aufweisen.

Losgelöst von den gesellschaftlichen Grundlagen werden sie lediglich als Ausdruck des Nachwirkens älterer Entwicklungsstufen betrachtet.

Siehe auch: Ontogenese, Schwanzmensch, Phylogenese, Evolutionstheorie

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