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Ahaus-Enscheder Eisenbahn

Die Ahaus-Enscheder Eisenbahn war eine Strecke der Eisenbahn im nordwestlichen Münsterland, die grenzüberschreitend Deutschland und die Niederlande miteinander verbunden hat.

Seit 1903 fahren planmäßig Züge auf der Ahaus-Enscheder Eisenbahn von Ahaus über Alstätte nach Enschede. Das Grenzland westlich von Borken, Ahaus und Gronau gilt allgemein als strukturschwach. Lediglich die schon früh von der Eisenbahn erschlossenen Städte Ahaus, Epe und Gronau, sowie das auf niederländischer Seite gelegen Enschede konnten damals eine namhafte Textilindustrie aufweisen.

Hier liegt dann auch das eigentliche Verkehrsbedürfnis für die Bahn begründet. Die Webstühle und Spinnmaschinen werden alle von Transmissionenen angetrieben, die wiederum von Dampfmaschinen angetrieben werden. Die Dampfkessel werden mit Kohle befeuert, die über lange Strecken auf Fuhrwerken herangeschafft werden muß. Ab 1875 kommt die Kohle mit der Bahn über Gronau nach Enschede. Die Kohle wird von den Zechen frei Grenze geliefert. So muß nur die geringe Fracht von der Grenze bis zur Fabrik in Enschede gezahlt werden. Um den Weg zwischen Grenze und den Fabriken in Enschede noch kürzer zu gestalten, schließen sich die ortsansässigen Textilbarone zusammen und treiben den Bau einer Bahn von Ahaus nach Enschede voran. Ziel ist es, auf eigener Strecke von den Zechen die Transportkosten bis zur Grenze zu erheben. So fährt man hinter der Grenze auf eigener Strecke praktisch umsonst.

Nach außen hin gibt man vor, der Landbevölkerung die langersehnte Verbindung mit der "großen, weiten Welt" zu verschaffen. Ganz falsch ist das sicher nicht, aber in der Hauptsache soll Kohle transportiert werden. Für den preußischen Teil der Strecke bestehen keine Schwierigkeiten. Das Kleinbahngesetz von 1892 regelt den Bau und Betrieb von privaten Nebenbahnen. Da alle Voraussetzungen für eine Konzessionserteilung bald erfüllt sind, hätte es eigentliche keine Verzögerungen geben dürfen. Doch diese Kleinbahn soll keine normale Eisenbahnbahn werden, würde sie doch über die Staatsgrenzen hinweg nach den Niederlanden führen. Eine internationale Kleinbahn also, und das gab es in Preußen nicht oft. So muß erst in Den Haag vorgesprochen werden um für die Bahn zu werben. Dann muß mit der niederländischen Regierung ein Staatsvertrag ausgehandelt werden. In Den Haag steht man dem Bahnprojekt wohlwollend gegenüber und am 27. Juni 1899 kann der Staatsvertrag zwischen den Niederlanden und dem deutschen Reich abgeschlossen werden.

Wie es die Konzession vorschreibt gründen die Initiatoren der Bahn eine Aktiengesellschaft, die als Ahaus-Enscheder Eisenbahn AG firmiert. Nun ist eine weitere Schwierigkeit zu überwinden. Da die neue Eisenbahngesellschaft keinen eigenen Fahrzeugpark mit der zugehörigen Infrastruktur beschaffen will; der Bahnbau ist trotz der günstigen Geländeverhältnisse kostspielig genug, sucht sie nach einer geeigneten Betriebsführerin für die Bahn.

Zunächst soll die Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenbahngesellschaft (DGEE) die Betriebsführung übernehmen. Diese preußische Privatbahn, die seit 1875 von Dortmund über Coesfeld und Ahaus nach Gronau führt, und von dort mit der Münster-Enscheder Eisenbahngesellschaft gemeinsam die Teilstrecke nach Enschede betreibt, verschleppt aus Angst vor der Konkurrenz die Verhandlungen. Schließlich wendet man sich an die Holländische Eisenbahngesellschaft (HSM), die auch die Betriebsführung für andere Kleinbahnen in Gelderland übernommen hat, und schließt mit ihr einen Betriebsführungsvertrag über 25 Jahre ab.

Am 18.02.1903 wird der Betrieb auf der AEE eröffnet. Die Aufnahme des planmäßigen Personenverkehrs, mit fünf Zugpaaren täglich, verzögert sich wegen mangelhafter Bauausführung noch um einige Wochen. Erst als die letzten Baumängel beseitigt sind, kann der volle Betrieb aufgenommen werden. In den folgenden Jahren, bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges, entwickelt sich der Verkehr günstig und die Bahngesellschaft kann auf positive Bilanzen verweisen. Mit der Mobilmachung am 04.08.1914 wird der grenzüberschreitende Verkehr für die AEE eingestellt. Der HSM wird untersagt, ihre Betriebsmittel auf deutschen Boden einzusetzen. Da die Niederlande neutral bleiben, kann schon bald ein Notfahrplan eingeführt werden. Auf dem deutschen Streckenteil übernimmt die KED Münster die Zwangsbetriebsführung und stellt den Fahrzeugpark. Die HSM-Züge dürfen nur noch bis Alstätte fahren. Dort müssen die Reisenden nach Ahaus in einen anderen Zug umsteigen. Aus Angst vor Spionage werden die Reisenden und Eisenbahnpersonale aus Schritt und Tritt überwacht.

Nach dem Krieg und den anschließenden Notzeiten schlägt sich die Bahn nur recht und schlecht durch. Nicht zuletzt durch den günstigen Betriebsführungsvertrag mit der HSM wird der Fortbestand gesichert. Als 1928 aber der Vertrag ausläuft, sieht es bitter für die AEE aus. Der niederländische Streckenteil wird verstaatlicht und auch auf deutscher Seite wird eine Verstaatlichung ins Auge gefaßt. Mit allen Mitteln versucht die AEE dies abzuwenden. Nur die leeren Kassen der Deutschen Reichsbahn bewahren die Bahn vor der Auflösung. Da nun keine Betriebsführerin mehr vorhanden ist, kommt der deutsche Streckenteil wieder unter Zwangsbetriebsführung. Die Reichsbahn beauftragt die Niederländische Staatsbahn (NS) als Nachfolgerin der HSM mit dem Fahrdienst. Obwohl sich die rechtlichen Bedingungen erheblich verändert haben, bleibt nach außen hin alles beim Alten.

Erst nach drei Jahren gelingt es die Bentheimer Eisenbahn (BE) als neue Betriebsführerin für die AEE zu verpflichten. Diese Verbindung wird 59 Jahre bestehen und den Betrieb nachhaltig prägen. Nachdem bisher niederländische Fahrzeuge das Bild bestimmten, werden jetzt die Fahrzeuge der BE eingesetzt, die ihren Fahrzeugpark aus preußischen Baureihen bildet. Für den schweren Kohleverkehr nach Holland entsendet die BE sogar ihre schwere Schlepptenderlokomotive der Gattung G 7. Alstätte wird zum Betriebsmittelpunkt. Der Zollschuppen wird zum Lokschuppen umgebaut und die AEE erhält erstmals Fahrzeuge, die ihr nicht nur buchmäßig gehören. Im Namen und Rechnung der AEE beschafft die BE einen Wismarer Schienenbus. Mit ihm soll der Personenverkehr besonders in den Tagesrandlagen günstiger abgewickelt werden.

Mit Ausbruch des II. Weltkrieges wird der Bahnbetrieb wieder eingestellt. Im Mai 1940 fallen die deutschen Truppen auch in die Niederlande ein. Nach der Besetzung wird wieder ein Notverkehr aufgenommen. Diesmal jedoch bleiben die direkten Verbindungen bestehen. Lange Arbeiterzüge mit 11 und mehr Wagen bestimmen das Bild. Als die Wehrmacht sich zurückziehen muß werden noch die "strategisch wichtigen Brücken der Bahn gesprengt. Die wenige Jahre alte Brücke über den Enscheder Südbahnhof und die Aa-Brücke bei Alstätte fallen den Rückzugsgefechten zum Opfer. Insgesamt kommt die Bahn aber glimpflich davon. Der Kohlebedarf in Enschede ist nach wie vor vorhanden und schon bald rollen wieder die mit Kohlen beladenen Ganzzüge zwischen Ahaus, Alstätte und Enschede Zuid.

Der Aufschwung dauert aber nicht lange an. Mit Gründung der Montanunion und der damit verbundenen Änderung der Tarife für den Transport von Kohlen versetzt der AEE einen schweren Schlag. Fortan wird die Kohle nicht mehr frei Grenze geliefert, stattdessen muß der Abnehmer für jeden Transportkilometer zahlen. Die günstigen Tarife der NS lassen am Ende einen längeren Transport durch die Niederlande billiger sein, als eine insgesamt kürze Strecke, die aber größtenteils über deutsches Tarifgebiet verlaufen. Mit einem Schlag verliert die Bahn ihre Existenzgrundlage. Das Transportaufkommen des Umlandes, welches die Gründerväter erschließen wollten, läßt die Bahn am Hungertuch nagen. Die BE läßt nichts unversucht, um unter diesen schwierigen Bedingungen den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen wird eine 600 PS starke MaK-Diesellokomotive gekauft, um die unwirtschaftlichen Dampflokomotiven ersetzen zu können. Selbst der betagte Schienenbus erhält einen Nachfolger. Das dritte AEE-Fahrzeug ist ein umgebauter Schienenbus der Bauart Gotha, der gebraucht von der Ankum-Bersenbrücker Eisenbahn gekauft werden kann. Gegen die aufkommende Konkurrenz durch das Auto läßt sich aber ein wirtschaftlicher Bahnbetrieb nicht mehr durchführen.

Daher ließ sich die AEE von der Personenbeförderungspflicht entbinden. Dann bewirkt sie die Entbindung von der Betriebspflicht auf dem niederländischen Streckenteil, der auch kurz nach der Stillegung vollständig abgebaut wird. Der Verkauf der Triebfahrzeuge senkt die Kosten weiter. Zur Durchführung der Restbetriebes vergibt die BE den Fahrdienst an die Deutsche Bundesbahn, die zunächst ihre Ahauser Bahnhofs-Köf einsetzt. Die Lok wird stundenweise angemietet, der Rangierer wird von der AEE gestellt. Später nach Abzug der Lok, werden die Leistungen von Coesfelder und Münsteraner Maschinen übernommen. Das Transportaufkommen stabilisiert sich auf niedrigem Niveau und die AEE fährt keine Gewinne mehr ein. Daher beantragt die Gesellschaft Ende 1987 beim Land Nordrhein-Westfalen die Entbindung von der Betriebspflicht auf der Reststrecke. In der Zwischenzeit werden Überlegungen angestellt, wie der Betrieb weitergeführt werden könnte.

Am 24. Februar 1989 wird die Ahaus-Alstätter Eisenbahn GmbH gegründet. Sie übernimmt die Rechte und Pflichten aus der Konzessionsurkunde von 1899. Die Ahaus-Enscheder Eisenbahn AG wird aber nicht aufgelöst. Sie besteht als Vermögensverwaltungsgesellschaft weiter. Der neue Konzessionär ändert zunächst an den bestehenden nichts an den bestehenden Betriebsverhältnissen. Aber schon im Sommer 1990 wird der Betriebsführungsvertrag mit der BE von 1931 aufgelöst und die Deutsche Eisenbahn Gesellschaft (DEG) mit der Betriebsführung betraut. Die Sonderstellung der AAE wird deutlich, wenn man den Güterwagenpark betrachtet. Die AAE ist neben der Deutschen Reichsbahn und er Deutschen Bundesbahn als einzige deutsche Bahngesellschaft Mitglied im internationalen Eisenbahnverband UIC und hat mehrere tausend moderne Güterwagen eingestellt, die international einsetzbar sind. Die Gesamtlänge der vorhandenen Wagen übersteigt bereits die zur Verfügung stehende Streckenlänge. Allerdings sind die Güterwagen selten in ihrer Heimat zu sehen. Lediglich ihre Achsen und andere UIC-Tauschteile finden ihren Weg nach Alstätte.

Seit 1991 betreibt die Euregio Eisenbahn Ahaus-Alstätte e.V. auf der Strecke der Ahaus-Alstätter Eisenbahn den Museumszug "Pengel-Anton".

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